
Lindner blickt in den Abgrund - wieder einmal
n-tv
Von Kanzler Scholz gefeuert, von Ex-Parteifreund Wissing verlassen, von den Wählern kaum noch wahrgenommen: FDP-Chef Lindner steht vor einem Scherbenhaufen. Bei der Bundestagswahl droht ein Debakel. Jetzt kommt es auf ihn an.
Christian Lindner hat eine harte Woche hinter sich. Zuerst entlässt Bundeskanzler Olaf Scholz den FDP-Vorsitzenden aus seinem Amt als Bundesfinanzminister. Dann verlässt Volker Wissing die FDP, um als Verkehrs- und Justizminister ausgerechnet mit Scholz in der Regierung zu bleiben. Dazu dürfte Scholz‘ kaum verklausulierte Wutrede bei vielen Wählern verfangen, die Lindner lange nur noch als Provokateur erlebten, der Maximalforderungen vor sich hertrug. Jetzt blickt Lindner in den Abgrund - und muss aufpassen, nicht in der politischen Bedeutungslosigkeit zu versinken.
Das dürfte anders geplant gewesen sein. Eigentlich wollte Lindner Scholz den Schwarzen Peter zuschieben - mit der Erzählung: SPD und Grüne respektieren weder die Schuldenbremse noch gedenken sie genug für die deutsche Wirtschaft zu tun. Scholz trat aber zuerst vor die Kameras - mit seiner Sicht der Dinge: Lindner und die FDP weichen die Schuldenbremse noch nicht einmal für die Unterstützung der kriegsgebeutelten Ukraine auf. Und fügte, schon halb im Wahlkampf, hinzu: Äußere und soziale Sicherheit dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Nach Scholz‘ Stellungnahme stand ein überrumpelt wirkender Lindner vor den Kameras. Einen Tag später im Hans-Dietrich-Genscher-Haus, wirkte er gefasster, aber noch immer zerknirscht. Der Bruch der Ampel wäre nicht zwangsläufig nötig gewesen, sagte Lindner. "Er ist politisch so gewollt worden - von anderen." Den ehemaligen Partnern warf er ein falsches Spiel vor. Dass er nun meint, nur noch von der "Regierung Scholz" sprechen zu müssen, obwohl er Koalitionspartner war, ist ein durchsichtiges Distanzierungsmanöver. Lindner steht mit dem Rücken zur Wand.
