Lauterbach "Wir können es so nicht laufen lassen"
ProSieben
Der Bundesgesundheitsminister forderte die Länder angesichts vieler Lockerungsbestrebungen zum schnellen Gegensteuern in der Pandemie auf.
Unter dem Druck hoher Corona-Infektionszahlen rücken weitergehende Schutzmaßnahmen in vielen Regionen Deutschlands in den Blick. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach forderte die Länder zum schnellen Gegensteuern mit zusätzlichen Alltagsauflagen nach dem umstrittenen neuen Infektionsschutzgesetz auf. "Wir können es so nicht laufen lassen", sagte der SPD-Politiker am Freitag. Von mehreren Ländern kamen Forderungen, geltende Schutzregeln länger in Kraft zu lassen als nur bis Anfang April. Lauterbach rief alle Nicht-Geimpften auf, sich wegen bisher höchster Ansteckungsgefahr impfen zu lassen.
Die Virus-Ausbreitung beschleunigte sich laut Robert Koch-Institut (RKI) weiter. "Die Pandemie ist noch nicht vorbei, im Gegenteil", sagte Präsident Lothar Wieler in Berlin. "Jede Woche sterben aktuell mehr als 1000 Menschen im Zusammenhang mit einer Omikron-Infektion in unserem Land." Binnen einer Woche seien zuletzt etwa drei Prozent der Bevölkerung positiv getestet worden. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg weiter auf den Höchstwert von nun 1756,4 - nach 1752,0 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen am Vortag. Registriert wurden 288 weitere Tote in 24 Stunden. Die Gesundheitsämter meldeten 296.498 neue Fälle an einem Tag - tatsächlich dürften es mehr als doppelt so viele sein, sagte Lauterbach mit Blick auf eine hohe Dunkelziffer.
Der Minister sprach von einer schweren Corona-Welle. "Von einem "Freedom Day" kann keine Rede sein - ganz im Gegenteil". In Kliniken seien Belegschaften stark infiziert, teils gebe es Notbetrieb. Es sei eine Situation entstanden, in der man nicht einfach abwarten könne, bis besseres Wetter die Lage entspanne. Nötig sei, "unmittelbar und schnell" zu reagieren. Die Länder müssten die im neuen bundesweiten Rechtsrahmen vorgesehene "Hotspot"-Regelung jetzt unbedingt nutzen.
Das weitere Krisenmanagement steht allerdings unter akutem Zeitdruck - und im Zeichen offenen Ärgers zwischen Bund und Ländern. Denn gegen geballte Proteste der Länder setzte die Ampel-Koalition eine neue bundesweite Rechtsgrundlage durch, die nur noch wenige allgemeine Schutzregeln etwa zu Masken und Tests in Einrichtungen wie Kliniken und Pflegeheimen erlaubt. Die Länder können nach einer Übergangsfrist bis 2. April aber weitergehende Beschränkungen zum Beispiel mit mehr Maskenpflichten und Zugangsregeln für regionale "Hotspots" verhängen, wenn das Landesparlament für diese eine kritische Lage feststellt.