Korruptionsskandal verstärkt Sorge um Glaubwürdigkeit der EU
DW
Europäische Politiker fordern angesichts der unschönen Geschehnisse um Parlaments-Vizepräsidentin Eva Kaili nun größtmögliche Aufklärung. Doch auch die wirtschaftlichen Beziehungen mit Katar werden hinterfragt.
Nach den Ermittlungen der belgischen Behörden in einem mutmaßlichen Korruptionsskandal im Europäischen Parlament haben sich führende Politiker besorgt über den Imageschaden für die EU geäußert. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sprach vor einem Treffen mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus den anderen EU-Staaten in Brüssel von einem "unglaublichen Vorfall". "Der muss jetzt ohne Wenn und Aber aufgeklärt werden, mit der vollen Härte des Gesetzes." Es gehe hier um die Glaubwürdigkeit Europas.
Der irische Außenminister Simon Coveney sprach von einem "schädlichen Vorgang". Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wiederum nannte die Vorwürfe "sehr besorgniserregend". Es gebe jedoch bislang keine Hinweise auf eine Verwicklung von EU-Diplomaten in den Skandal. Niemand aus dem Auswärtigen Dienst oder den EU-Vertretungen im Ausland werde im Zusammenhang mit den Geschehnissen genannt.
Im Mittelpunkt des Skandals steht die festgenommene Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili (44). Bei den Vorwürfen soll es um mögliche Korruptionsversuche Katars gehen. Kaili steht unter Verdacht, dass sie beträchtliche Geldsummen kassiert hat, damit sie für das WM-Gastgeberland Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt. So wird derzeit beispielsweise auf EU-Ebene in Erwägung gezogen, die Visa-Regeln für Staatsbürger von Katar zu erleichtern. Der Golfstaat, über den Kaili sich mehrfach lobend geäußert hatte, wies Vorwürfe von Korruption scharf zurück.
Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke verlangte von der Bundesregierung eine Überprüfung der Gas-Lieferverträge mit Katar. "Wir müssen uns die Frage stellen, ob der Westen mit seinen Milliarden Euro für Gaskäufe dieses korrupte Regime am Golf weiter unterstützen will, oder ob die Geschäftsbeziehungen aufgrund der aktuellen Situation nicht besser eingefroren werden", erklärte Radtke.
Katar hatte Ende November verkündet, ab 2026 jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen Flüssiggas (LNG) nach Deutschland zu liefern. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte Katar im Frühjahr besucht und politische Rahmengespräche geführt. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach dann bei seinem Besuch in Katar im September von Fortschritten bei den Verhandlungen über Flüssiggas-Lieferungen.