Kommentar zur Binden-Entscheidung: Völler macht es sich zu einfach
Frankfurter Rundschau
Der DFB und Rudi Völler haben entschieden, zukünftig mit einer Schwarz-Rot-Gold-Binde aufzulaufen. Die One-Love-Binde ist Geschichte.
Frankfurt - Thomas Müller hat sie getragen. Genau wie Manuel Neuer und Ilkay Gündogan. Ja, sogar Mesut Özil ist schon mit der Kapitänsbinde in Schwarz-Rot-Gold aufgelaufen. Am Samstag gegen Peru feiern die Nationalfarben am Arm von Joshua Kimmich ihr Comeback – angeregt von Sportdirektor Rudi Völler. Die viel diskutierte One-Love Binde ist damit Geschichte.
Fanliebling Niclas Füllkrug findet die Entscheidung gut, doch nicht jeder Beobachter, insbesondere aus der Fan-Szene, applaudiert. Wie man es macht, macht man es falsch. So oder so ähnlich dürften sich DFB-Verantwortliche derzeit fühlen. Als sich der Verband im September 2022 auf die One Love einigte, herrschte viel Unzufriedenheit. Schummel Binde, riefen die Kritiker! Schließlich war sie nur ein müder Abklatsch der eigentlichen Regenbogenbinde. Kleiner Einschub an dieser Stelle: Frauen-Kapitänin Alexandra Popp trägt die „echte“ schon immer und nach wie vor.
Zum Start der WM in Katar entwickelte sich die One-Love-Botschaft dann plötzlich doch zur großen Revolutions-Geste – auch weil viele andere Nationen darauf verzichteten. Der DFB machte ebenso einen Rückzieher und erntete – zu Recht – viel Kritik. Die Schuld daran trug man selbst, zu zögerlich und intransparent agierten Präsident Bernd Neuendorf und Oliver Bierhoff.
Als Völler nun vor ein paar Tagen mit der Schwarz-Rot-GoldIdee um die Ecke kam, jubelte die AfD (Danke, Rudi!) – dafür konnte der Ex-Bundestrainer wahrlich nichts. Erstens war das nicht seine Intention und zweitens kann man Offenheit, Vielfalt und Respekt auf vielen Wegen zeigen und nicht nur durch eine Binde, die zu Beginn ohnehin nur als Feigenblatt taugte. In seiner Argumentation macht es sich Völler aber zu einfach. Er verstehe, dass „ab und zu ein Zeichen“ gesetzt werden müsse. Aber jetzt soll es doch bitte wieder nur um Fußball gehen.
Sich so zu entpolitisieren ist schwach und falsch. Ein Beispiel: Im aktuellen DFB-Kader stehen Serge Gnabry, Armel Bella Kotchap, Josha Vagnoman, Mergim Berisha, Emre Can, Kevin Schade, Malick Thiaw und Felix Nmecha – alles deutsche Spieler mit Migrationshintergrund. Auch die fehlenden Antonio Rüdiger, Ilkay Gündogan, Leroy Sané oder Jamal Musiala prägen das Team – und das ist auch gut so. Nur sollte der DFB als größter nationaler Sport-Fachverband der Welt die entsprechenden Werte auch gut sichtbar nach außen tragen – schließlich sind die Fußballer immer noch große Idole. Matthias Müller