Kliniken, Daten, Betten: Wo es hakt, wo nicht
ZDF
Im Kampf gegen Corona offenbart Deutschlands Gesundheitssystem Defizite. Vor allem zu Beginn der Pandemie wurden aber zwei Dinge richtig gemacht.
Während Länder wie Dänemark und Großbritannien trotz hoher Corona-Inzidenzen das öffentliche Leben öffnen und die Maskenpflicht aufheben, bleibt Deutschland weiter bei seinen Corona-Beschränkungen. Zu gering sei die Impfquote in den vulnerablen Gruppen und bei Älteren, zu groß die Gefahr, vor einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems, lauten die Argumente.
Heißt das im Umkehrschluss, dass die Standfestigkeit eines Gesundheitssystems darüber entscheidet, wie gut ein Land die Corona-Pandemie meistert? "Ich glaube, kein Land ist gut durch die Pandemie gekommen, allein weil es über ein gutes Gesundheitssystem verfügt", stellt Thomas Reinhold, Gesundheitsökonom von der Berliner Charité klar.
Und dennoch gibt es in diesem Bereich Aspekte, die sich günstig oder ungünstig im Kampf gegen die Pandemie auswirken können. ZDFheute hat Gesundheitsökonomen gefragt: Wie schneidet das deutsche Gesundheitssystem in der Pandemie - auch mit Blick auf das Ausland - ab?
Gerade in der ersten Welle hat Deutschland von zwei Dingen profitiert. Erstens: der schnellen Entwicklung zuverlässiger PCR-Tests. "Zu Beginn der Pandemie hatten wir Testkapazitäten außerhalb der Krankenhäuser", sagt Reinhard Busse, Professor für Gesundheitsmanagement an der TU Berlin.
Gut sei auch gewesen, dass das Robert-Koch-Institut "in letzter Minute" Anfang März 2020 die Leitlinien für die niedergelassenen Ärzte dahingehen geändert hatte, dass Corona-Positive nicht ins Krankenhaus geschickt werden sollten, erinnert sich Busse.
Beide Entwicklungen wirkten übervollen Kliniken entgegen, eine Lage wie in Italien, wo vor allem in der Lombardei viele Infizierte in Kliniken geschickt wurden, konnten verhindert werden. "Im Gegensatz dazu hatten wir hier in Deutschland Zeit, uns vorzubereiten und aus den Fehlern in Italien zu lernen", sagt Jonas Schreyögg, Gesundheitsökonom von der Uni Hamburg.
Deutschland hatte schon vor der Pandemie, verglichen mit anderen Industrienationen eine überdurchschnittliche - und häufig kritisierte - Kapazität an Krankenhäusern, Betten und Intensivbetten. "Das ermöglichte eine schnelle Reaktion auf steigende Zahlen", erklärt Thomas Reinhold.