Kempa-Trick kurz vor dem Rückflug
Süddeutsche Zeitung
Im letzten Spiel dieser so unbefriedigenden EM gewinnen die deutschen Handballer 30:29 gegen Russland - mit einem Trick-Wurf zwölf Sekunden vor Schluss, den man sich erst einmal trauen muss.
Am Ende waren es noch 13. Nur 13 Spieler konnte Bundestrainer Alfred Gislason beim letzten EM-Auftritt der deutschen Mannschaft in Bratislava aufbieten. Das ist nicht gerade üppig, standen doch über die zwei Wochen dieser Europameisterschaft insgesamt 28 Akteure im immer wieder erweiterten deutschen Kader. Doch nur diese 13 waren noch fit, alle anderen: mit dem Coronavirus infiziert und längst mit dem Krankentransport nach Hause gebracht.
Sogar den Präsidenten hatte es noch erwischt. Andreas Michelmann, der Präsident des Deutschen Handballbundes (DHB), wurde positiv getestet. Nicht bei der Mannschaft in Bratislava, die er zuvor besucht hatte, sondern nach seiner Rückkehr in Deutschland. Es gehe ihm gut, sagte Michelmann. Nur Husten, ein wenig Schnupfen, nichts Dramatisches. Aber: noch ein Infizierter. Nummer wieviel eigentlich?
Nach der EM muss der Bundestrainer einen Weg finden, dass die vielen jungen Spieler nicht doch wieder den alten Haudegen weichen müssen. Denn das wäre das falsche Signal. Kommentar von Ralf Tögel
15 Spieler, ein Co-Trainer sowie mehrere Delegationsmitglieder haben sich - nur im deutschen Team - während dieser Omikron-EM angesteckt. Völlig klar, dass das Erreichen des Halbfinals in dieser Gemengelage niemals möglich gewesen wäre. So bot das abschließende Hauptrundenspiel gegen Russland lediglich die Gelegenheit, sich mit einem positiven Eindruck von dieser EM zu verabschieden. Was auch gelang: Im siebten Spiel in nur elf Tagen gewann die deutsche Mannschaft knapp mit 30:29 (16:12) gegen Russland, ein Sieg nach zuvor drei verlorenen Spielen in der Hauptrunde. "Wir hoffen, dass wir jetzt alle gesund nach Hause kommen", sagte Kapitän Johannes Golla.
Trotz aller personeller Not stellte Gislason eine Mannschaft auf, mit der sich ein wenig in die Zukunft blicken ließ. Im Tor begann nicht Jogi Bitter, 39, sondern der elf Jahre jüngere Daniel Rebmann, der noch eine Rolle spielen könnte im DHB-Team. Am Kreis agierte Golla, der erst 24-jährige Kapitän, im Rückraum waren es Philipp Weber, Fabian Wiede und die Entdeckung dieser EM: Julian Köster, 21. Der hat gezeigt, dass auf ihn bald höhere Aufgaben warten als daheim beim Zweitligisten VfL Gummersbach. Die Russen hatten anfangs ihre Probleme mit ihm: Drei Würfe, zwei Tore innerhalb der ersten 15 Minuten für Köster, Deutschland führte 10:6.