Keine Lizenz für Hertha BSC?
Frankfurter Rundschau
Es hängt am seidenen Faden, ob die Berliner nächstes Jahr überhaupt in der zweiten Bundesliga spielen können. Doch womöglich wäre der Absturz in die Regionalliga gar nicht so verkehrt. Ein Kommentar.
Berlin – Längst läuft der Countdown. Stichtag ist 7. Juni, 15.30 Uhr. Dann allerdings wird kein Bundesligaspiel mehr angepfiffen, sondern für Hertha BSC läuft die Frist aus, um die wirtschaftlichen Auflagen der Deutschen Fußball Liga (DFL) zu erfüllen. Sonst gibt es nämlich keine Lizenz für die zweite Liga. In der von Werner Möglich geleiteten Abteilung konnten sich die Prüfer die vergangenen Jahre eine gewisse Nachsicht leisten; wegen den Folgen der Corona-Pandemie mussten sie nicht ganz so streng urteilen.
Das hat sich für die kommende Saison wieder geändert – und könnte Hertha zum Verhängnis werden. Der Klub ist vier Jahre nach der 374-Millionen-Spritze des zwielichtigen Investors Lars Windhorst sportlich und wirtschaftlich am Boden. Ein Sanierungsfall - und Lehrstück dafür, dass frisches Kapital nicht immer auf den Pfad der Tugend führt, wobei in Berlin auch ganz andere Institutionen Geld mit vollen Händen ausgeben, das ihnen eigentlich nicht gehört.
Mit dem Absteiger aus der Hauptstadt hat die Lizenzabteilung der DFL jedenfalls den schwierigsten Fall der vergangenen Jahre vorliegen – entsprechende Zitate aus eigenen Reihen hat die Organisation nie dementiert. Vielleicht ist nur der Beinahe-Crash von Borussia Dortmund 2004 vergleichbar.
Damals soll der dafür zuständige DFL-Geschäftsführer Christian Müller intern sehr dafür plädiert haben, der seinerzeit finanziell schwerwiegend angeschlagenen börsennotierten Aktiengesellschaft Borussia Dortmund die Lizenz zu verweigern. Durchsetzen konnte er sich nicht, einige Jahre später bekam der ehrenwerte Finanzfachmann den Laufpass.
Mittlerweile hat Hertha als erster Bundesliga-Absteiger selbst eingeräumt, dass die Möglichkeit auf eine nicht erteilte Lizenz besteht. Damit will man nämlich Druck auf jene Anleger ausüben, die eine 2018 herausgegebene Anleihe über 40 Millionen Euro halten. Diese müsste eigentlich jetzt bedient werden, was den finanziellen Kollaps zur Folge hätte.