
Kein Wumms, nur Widerspruch
n-tv
Beim zweiten Entlastungspaket der Ampelkoalition geht schief, was schiefgehen kann. Es bringt mitunter keine Entlastung. An anderer Stelle hingegen entlastet es die Falschen und die Richtigen nicht stark genug. Ein schönes Beispiel dafür, was geschieht, wenn man zusammen regiert, sich aber in der Sache nicht einig ist.
Mit einem gewissen Abstand wird immer deutlicher, was das zweite "Entlastungspaket" der neuen Bundesregierung in Wahrheit ist: eine missratene Quadratur des Kreises, die unterm Strich (naturgemäß) wenig Wums hat - aber viel Widersprüchliches. Rund 17 Milliarden Euro neue Schulden nimmt Finanzminister Christian Lindner dafür auf. Deutlich weniger hätte es auch getan, wenn man nur genauer zielen würde - statt am Ende einer langen Nacht den Koalitionsvertrag noch einmal nachzuverhandeln. Zum ersten Mal erleben die Bürger, was es leider auch bedeuten kann, wenn drei Parteien gemeinsam die Regierung stellen, die sich in der Sache nicht einig sind.
Da ist zum einen die Senkung der Spritsteuer, die allein mehrere Milliarden Euro an Steuerausfällen zeitigt. Auf exakt 30 Cent pro Liter Benzin und 14 Cent pro Liter Diesel beziffert der Finanzminister die resultierende Preissenkung an der Tankstelle. Aber das ist Wunschdenken oder gar eine Mogelpackung: Die Steuersenkung kommt beim Kunden nur an, wenn sie eins zu eins von Ölkonzernen und Tankstellen weitergereicht werden, doch zu überprüfen ist das beim rasanten Auf und Ab der Preise nicht. Man erinnere sich: Einen "Wumms" hatte sich der damalige Finanzminister Olaf Scholz auch von der zeitweiligen Mehrwertsteuersenkung zu Beginn der Corona-Krise versprochen. Doch sie verpuffte weitgehend, half den Herstellern und Händlern, aber kaum den Kunden.
Da ist zum zweiten die Einmalzahlung von 300 Euro für alle Beschäftigten. Auch das kostet Milliarden, doch die Gutverdienenden werden die Entlastung nach Steuern kaum merken und sie in Wahrheit auch kaum brauchen. Vor wem hatte die Ampel-Koalitionäre bloß Angst, als sie eine Staffelung nach Bedürftigkeit vermieden? 600 oder 1000 Euro für Geringverdiener, die von den Preissteigerungen tatsächlich in existenzielle Not gestürzt werden - das hätte wirklich geholfen, wo Hilfe Not tut. Jetzt kommt sehr kleines Glück aus der Gießkanne für alle.
