Katholikentag zwischen viel Kirchenkrise und ein wenig Hoffnung
DW
Viele Christen haben sich in Corona-Zeiten nach einem großen Fest des Glaubens gesehnt. Nun hoffen 25.000 Teilnehmer des Katholikentags auf neue Kraft der Kirche - und auf Reformen. Aus Stuttgart Christoph Strack.
Manchmal braucht eine kernige Aussage nur zwölf Worte. "Bei all dem Mist, der wo immer wieder in der Presse steht…", sagt der ältere Herr auf die Frage, wie es um die katholische Kirche steht. Er wendet sich ab und geht weiter. Aus seinen Worten spricht keine große Hoffnung.
Beim 102. Deutschen Katholikentag, der am Mittwochabend in Stuttgart begann, denken viele ähnlich. "Ich unterscheide zwischen Amtskirche und der Kirche vor Ort", betont Sabine Röhlmann, die aus Niedersachsen an den Neckar kam, im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Mit der Amtskirche hadere ich. Da ist viel Luft nach oben. Bei der Kirche vor Ort, da fühle ich mich aufgehoben."
Wolfgang Tress formuliert es sehr konkret. "Ich hoffe, dass sich die Frauen mehr durchsetzen. Dann würde ich auch als Katholik wieder mehr zur Kirche zurückfinden, wenn die Priesterschaft nicht so unter sich wäre." Tress ist nicht als Teilnehmer bei dem Christentreffen. Er wohnt im Großraum Stuttgart und schaut an diesem Mittag nur mal kurz nach dem Treiben in der Innenstadt.
In Deutschland sind die katholischen Laien stärker organisiert sind als in den meisten anderen Ländern, und Katholikentage haben hier eine über 170-jährige Tradition. Sie gelten als Standortbestimmung der Kirche. Bis zum Sonntag wollen rund 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesellschaftliche Fragen diskutieren und ihren christlichen Glauben feiern. 25.000 - das sind weit weniger als bei vergleichbaren Treffen früherer Jahre und auch weniger, als die Veranstalter erwartet haben. Sicher ist dies auch der Corona-Pandemie geschuldet, der eine oder andere Referent musste noch in dieser Woche absagen wegen einer akuten Infektion.
Doch die Anmeldezahlen hätten auch mit der "krisenhaften Situation" ihrer Kirche zu tun, sagte Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des mit ausrichtenden Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), vor Beginn des Treffens. Es sei schließlich "kein Zufall, dass wir im Programm über 30 Veranstaltungen zu den drängenden Reformfragen in der katholischen Kirche haben". Da geht es um Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche, um den Zugang der Frauen zu kirchlichen Ämtern, um mehr Demokratie in der Struktur der Kirche.