Katerstimmung in 10 Downing Street
Süddeutsche Zeitung
"Versäumnisse in der Führung und im Urteilsvermögen": Der Untersuchungsbericht zur Partygate-Affäre bringt den britischen Premier in Bedrängnis. Johnson sagt "Sorry".
Der Montag ging für Boris Johnson ganz gut los, aber das sollte sich dann doch recht schnell ändern. Am frühen Morgen war der Premierminister zum Hafen von Tilbury gefahren, um dort an den zweiten Jahrestag des britischen EU-Austritts zu erinnern. Johnson zog eine orangefarbene Hafenarbeiterjacke an und versprach, dass Großbritannien "die Nummer eins" für Investitionen von Unternehmen werde. Und zwar dank eines Gesetzes, das die neu gewonnen Freiheiten materialisieren werde, Johnson nennt es "Brexit Freedoms Bill".
Der Premier war an diesem Montagmorgen in seinem Element. Er spulte Wahlkampf-Slogans herunter und versprach, was er seit dem Brexit immer wieder versprochen hatte. Ob das wirklich so kommt, ist offen. Und so wurde Johnson im Hafen nach etwas gefragt, das am Montagnachmittag zu einem offenen Schlagabtausch im britischen Unterhaus führen sollte: der Untersuchungsbericht zur Partygate-Affäre. Doch an diesem Morgen im Hafen wiegelte Johnson nur ab und sagte, dass er zu all dem stehe, was er bislang zu dem Thema gesagt habe. Dabei sollte es nicht bleiben.
Großbritannien
Premier Boris Johnson möchte wohl im Amt bleiben, egal, wie die Vorwürfe gegen ihn lauten. Jetzt müssen seine Parteifreunde im Unterhaus entscheiden. Von Alexander Mühlauer
Denn zur Mittagszeit wurde bekannt, dass "ein Update" des Berichts der Regierungsbeamtin Sue Gray an 10 Downing Street übergeben worden war. Um so etwas wie "business as usual" auszustrahlen, teilte die Regierung am frühen Nachmittag mit, dass der Premier am Dienstag in die Ukraine reisen werde. In Johnsons Agenda stand für den Montagnachmittag außerdem noch ein Telefonat mit Wladimir Putin.