Kasachstans Tokajew: Abschied von Nasarbajew Erbe?
DW
Fast ein Jahr nach den blutigen Massenprotesten wurde in Kasachstan neuer Präsident gewählt. Sieger ist der Amtsinhaber Kassym-Schomart Tokajew. Er geht auf Distanz zu seinem Vorgänger und verspricht Reformen.
Es war Januar, als Bilder aus Kasachstan um die Welt gingen: Preiserhöhungen für Autogas führten in der zentralasiatischen Republik zu landesweiten gewaltsamen Protesten, bei denen über 200 Menschen starben. Die Macht des Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew schien zu wackeln. Er rief den Notstand aus und bat die postsowjetische Organisation für kollektive Sicherheit, vor allem Russland, Truppen zu schicken. Ein Präzedenzfall. Die ausländischen Soldaten blieben nur wenige Tage, Tokajew brachte das Land unter Kontrolle.
Weniger als ein Jahr danach gab es am Sonntag vorgezogene Präsidentenwahlen. Der 69-jährige Tokajew gewann, doch Kritiker verweisen auf die schwache Konkurrenz.
Die Proteste waren eine Zäsur für Kasachstan und Tokajew, der dadurch seine Macht ausbauen konnte. Sein einst mächtiger Vorgänger, der erste und langjährige Präsident Nursultan Nasarbajew, verlor seine Posten und seinen Einfluss als mächtiger Politiker im Hintergrund.
Dabei verdankt Tokajew ihm seinen Aufstieg. 2019 legte Nasarbajew überraschend sein Amt nieder. Es war ein ungewöhnlicher Schritt für Zentralasien, wo autoritäre Herrscher die Macht zu Lebzeiten selten freiwillig abgeben. Tokajew, damals Senatsvorsitzender, wurde Präsident. In dieser Zeit wurde die Hauptstadt Astana in Nur-Sultan umbenannt – als Verneigung vor Nasarbajew. Es war Tokajew, der die Umbenennung angestoßen hatte. Jetzt erfolgte eine Kehrtwende: Im September gab er der Hauptstadt den alten Namen Astana zurück.
Es war ein weiteres Zeichen dafür, wie sich Tokajew von Nasarbajew zu distanzieren versucht. Bei öffentlichen Auftritten erwähnt er dessen Namen kaum mehr. Ein Neffe des ehemaligen Präsidenten wurde wegen Korruption zu sechs Jahren Strafkolonie verurteilt. Es gab auch andere prominente Verhaftungen, darunter die des ehemaligen Geheimdienstchefs Karim Masimow. Nasarbajw selbst und seine engste Verwandtschaft werden jedoch nicht strafrechtlich verfolgt.