Kardinal Marx will trotz Missbrauchsskandal im Amt bleiben
DW
Der Münchner Erzbischof räumt auch eigenes Versagen ein und schließt einen späteren Rücktritt nicht aus. Der oberste Kirchenrichter der Diözese, Prälat Wolf, lässt dagegen alle seine Ämter ruhen.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx will zumindest vorerst im Amt bleiben. "Ich klebe nicht an meinem Amt", betonte er allerdings bei einer Pressekonferenz in der bayerischen Landeshauptstadt: "Das Angebot des Amtsverzichts im letzten Jahr war sehr ernst gemeint. Papst Franziskus hat anders entschieden und mich aufgefordert, meinen Dienst verantwortlich weiterzuführen."
Als Erzbischof trage er Verantwortung für das Handeln des Erzbistums, auch für das Versagen beim Umgang mit Missbrauch, ergänzte Marx in seiner Reaktion auf das Missbrauchsgutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW). Falls er oder andere den Eindruck gewinnen sollten, er wäre bei der Aufarbeitung "eher Hindernis als Hilfe", werde er das Gespräch mit den entsprechenden Beratungsgremien suchen und sich kritisch hinterfragen lassen, kündigte der Erzbischof an.
Marx bezeichnete das vergangene Woche veröffentlichte Gutachten als tiefen Einschnitt für die Kirche. "Missbrauch und Gewalt sind eine dunkle Seite und werden als Teil der Geschichte des Erzbistums sichtbar sein." Er kündigte an, enger mit dem Betroffenenbeirat der Diözese und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission zusammenzuarbeiten.
Die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatte Missbrauchsfälle im Erzbistum München und Freising zwischen 1945 und 2019 untersucht. Die Gutachter fanden Hinweise auf mindestens 497 Betroffene sexualisierter Gewalt, sowie 235 Täter, darunter 173 katholische Priester. Zudem werfen sie dem emeritierten Papst Benedikt XVI. Fehler im Umgang mit Missbrauchs-Tätern in vier Fällen in seiner Funktion als Münchner Erzbischof zwischen 1977 und 1982 vor. Auch Marx wiesen sie Fehlverhalten in zwei Missbrauchsfällen nach. Er soll in seiner Amtszeit pflichtwidrig Missbrauchsfälle nicht nach Rom gemeldet haben.
Marx betonte mehrfach, er habe auch selbst Fehler gemacht. Die größte Schuld sei gewesen, die Betroffenen übersehen zu haben. "Das ist unverzeihlich. Es gab bei uns kein wirkliches Interesse an ihrem Leiden. Das hat nach meiner Auffassung auch systemische Gründe, und zugleich trage ich dafür als amtierender Erzbischof moralische Verantwortung."