Kanadisches Parlament stimmt Notstandsbefugnissen zu
DW
Die Corona-Proteste in Kanada sind aufgelöst, die Grenzübergänge zu den USA wieder frei. Das Parlament hat dem Notstandsgesetz dennoch zugestimmt. Premier Trudeau sagte, er sei in "echter Sorge für die kommenden Tage".
Der wegen massiver Straßenblockaden durch Gegner der Corona-Maßnahmen verhängte Ausnahmezustand in Kanada bleibt vorerst bestehen. Die Blockaden unter Beteiligung zahlreicher Trucker landesweit seien zwar beseitigt, die Grenzen wieder offen und die Lage in der Hauptstadt Ottawa bessere sich stark, sagte Regierungschef Justin Trudeau. Er habe aber noch "echte Sorge für die kommenden Tage".
Das Parlament stimmte nach tagelanger Debatte dem Notstandsgesetz zu. "Ein Antrag zur Ratifizierung der Krisenerklärung wurde angenommen", erklärte das Unterhaus auf Twitter. Das Gesetz muss nun vom Senat debattiert werden.
Trudeau hatte sich bei der Beendigung der Protestaktionen auf das Notstandsgesetz berufen, das der Regierung erlaubt, Bürgerrechte außer Kraft zu setzen, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Das entsprechende Gesetz wurde 1988 verabschiedet, bisher aber nie angewandt. Von der Opposition wurde der Premier für den Schritt scharf kritisiert.
Trudeau verteidigte vor der Abstimmung im Unterhaus seine Entscheidung: Seine Regierung habe sich damit sehr schwergetan, am Ende aber keine Wahl gehabt. Er verwies auf "wochenlange gefährliche und rechtswidrige Aktionen" und Hinweise "auf zunehmend ideologisch motivierte gewalttätige Extremismus-Aktivitäten im ganzen Land". Die Behörden hätten Mittel gebraucht, "um die Ordnung wiederherzustellen", sagte Trudeau.
Unterstützung erhielt Trudeaus Liberale Partei, die im Parlament keine Mehrheit hat, von der linken Neuen Demokratischen Partei. Diese hatte trotz der "Bedenken" ihres Vorsitzenden Jagmeet Singh für den Antrag gestimmt. Die Konservativen, deren Ex-Vorsitzender Erin O'Toole im Streit um den Umgang mit den Protesten zurückgetreten war, stimmten dagegen, ebenso wie Abgeordnete aus Québéc. Der Vater des derzeitigen Premierministers, Pierre Trudeau, hatte in seiner Amtszeit als Regierungschef die Notstandsbefugnisse einst eingesetzt, um mit der Armee gegen Separatisten in der französischsprachigen Region vorzugehen.