Japans Regierungskoalition holt sich Zwei-Drittel-Mehrheit
DW
Mit einem klaren Sieg bei der Oberhauswahl sichert Premierminister Fumio Kishida seine politische Zukunft. Martin Fritz aus Tokio.
Die Regierungskoalition in Japan hat die Oberhauswahl am Sonntag (10.07.22) klar gewonnen. Die Liberaldemokratische Partei (LDP) und ihr kleiner Partner Komeito errangen 60 Prozent der 125 Sitze der zweiten Parlamentskammer, die zur Wahl standen. Damit sitzt Premierminister Fumio Kishida nun fest im Sattel und kann mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Parlamentskammern erst einmal durchregieren.
Jedoch verzichtete Kishida wegen der Ermordung des Ex-Regierungschefs und Ex-LDP-Vorsitzenden Shinzo Abe auf jeden Jubel über seinen Wahlsieg und unterstrich, die Einheit der Partei sei wichtiger als alles andere. Abe führte die größte Faktion innerhalb der Dauerregierungspartei LDP und zog im Hintergrund viele Strippen, so dass der LDP nun ein inneres Machtvakuum droht. Der 67-jährige Shinzo Abe war am Freitag (8.7.22) bei einem Wahlkampfauftritt in der japanischen Stadt Nara von einem Einzeltäter mit einer Schusswaffe getötet worden.
Die Trauerfeier für den Verstorbenen findet am Dienstag statt. Allerdings scheint sich das Attentat auf das Wahlergebnis nur begrenzt ausgewirkt zu haben. Die LDP konnte die Zahl ihrer eigenen Sitze nur um acht auf 63 erhöhen, eine Steigerung um ein Siebtel. Die Wahlbeteiligung stieg nur um drei Punkte auf 52 Prozent.
Die Rückkehr der Inflation nach Japan hatte als Thema den Wahlkampf dominiert. Auch die Erhöhung der Verteidigungsausgaben beschäftigte die Wähler. Premier Kishida erklärte am Montag, er wolle die Verteidigung des Landes „drastisch stärken". Bisher diskutiert man eine Verdopplung auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung.
Zugleich kündigte der Premier an, das Erbe seines Vorvorgängers Abe fortzusetzen. Dazu gehört auch die Änderung der pazifistischen Nachkriegsverfassung von 1945. Das lange schwelende Vorhaben hatte wieder an Fahrt aufgenommen, als Russlands Angriff auf die Ukraine eine Debatte über Japans Sicherheitspolitik auslöste. Nach der Wahl am Sonntag verfügen die Befürworter dieser Reform über die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament für Verfassungsänderungen.