
Japans Nationalsport Sumo hängt in den Seilen
DW
Dem japanischen Traditionssport laufen die Zuschauer davon. Droht dem Sumo-Ringen sogar das Aus? Kritiker mahnen dringend nötige Reformen an.
Schwache Kämpfer, schlechte Technik, viele Verletzungen beim großen Herbst-Sumo-Turnier im September in Tokio - Japans Nationalsport steckt nach Meinung vieler Kritiker in einer tiefen Krise. Die Zuschauer würden dem Sumo-Ringen bald den Rücken kehren, wenn sich nichts ändere, prophezeit ein Kritiker in einem Leitartikel der überregionalen japanischen Tageszeitung Sankei Shimbun. Das Turnier in Tokio sei sinnbildlich für die Krise.
Nach 15 Kampftagen im Ryogoku-Kokugikan-Stadion triumphierte Tamawashi Ishiro. Vor dem Wettkampf galt der Mongole als eher unspektakulärer Athlet und war lediglich als "Hiramaku" eingestuft worden, in der fünfhöchsten Klasse im Sumo-Ringen. Mit 37 Jahren wurde Tamawashi zum ältesten Sieger eines "Basho" seit 1958. "Basho" bedeutet sinngemäß "echtes Turnier", dort wird über Auf- und Abstieg der Sumo-Ringer entschieden.
"Der Qualitätsabfall bei den Sumo-Kämpfen darf nicht weitergehen", hieß es im Leitartikel der Sankei Shimbun. Praktisch alle Ringer der beiden obersten Kategorien - "Yokozuna" und "Ozeki" - hätten ihre Kämpfe vorzeitig verloren und seien damit aus dem Rennen um die Trophäe, den Kaiserpokal, ausgeschieden. Auch das Trainingsprogramm müsse kritisch hinterfragt werden. So hatte der am höchsten eingestufte Sumo-Ringer des Turniers, der Mongole Terunofuji Haruo, wegen Verletzungen an beiden Knien am zehnten Wettkampftag aufgeben müssen.
"Ich fürchte, Sumo-Ringen ist in Japan ein Auslaufmodell", sagt Sportjournalist Yoichi Igawa der DW. Zum Verhängnis, so Igawa, könne dem mehr als 1300 Jahre alten Sport seine mangelnde Bereitschaft werden, sich zu modernisieren: "Wir sagen, dass Sumo unser Nationalsport ist. Aber die Zuschauerzahlen gehen zurück. Die meisten Besucher sind alt. Das ist kein Sport, der junge Leute anspricht. Was passiert also, wenn die älteren Fans alle wegsterben?" Sumo sei eine "kleine, konservative Welt", in der Veteranen des Rings das Sagen hätten und es eine strenge Hierarchie gebe: "Sie mögen keine Veränderungen. Sie mögen keine Kritiker von außen. Und sie sehen es nicht gerne, wenn ausländische Ringer die besten in einem 'japanischen Sport' sind."
Dieser Einschätzung schließt sich auch Fred Varcoe an. Der britische Journalist hat für Publikationen auf der ganzen Welt über Sumo geschrieben. Der Sport "stecke in seinem Sinn für Traditionalismus fest", sagt Varcoe. "Die Verantwortlichen sind einfach nicht in der Lage, ihn der Gegenwart anzupassen." Es gebe im japanischen Sumo-Verband JSA durchaus Ex-Ringer, die den Sport modernisieren wollten. Sie seien aber in der Minderheit und würden von den zutiefst konservativen Mitgliedern ausmanövriert.
