
Japan: Die Zeit der Vorsicht ist vorbei
Frankfurter Rundschau
Japan gibt immer mehr Geld für Verteidigung aus – und verbündet sich mit anderen Staaten gegen China / Von Felix Lill
In Peking ist die Sicht der Dinge klar: Die südlich des chinesischen Festlands gelegene Insel Taiwan gehört zu China. Die Gegner der Kommunisten, die den Bürgerkrieg im Jahr 1949 für sich entschieden, besetzen demnach seit gut 70 Jahren ein Land, das ihnen nicht gehört, mit einer illegitimen Regierung. So hat Chinas Staatschef Xi Jinping zuletzt wiederholt angedeutet, dass Peking früher oder später auch das heute demokratische Taiwan wieder regieren werde.
Was nach Invasionsplänen klingt, wird von der internationalen Gemeinschaft mit auffällig wenig Beachtung behandelt. Zu wichtig ist der riesige chinesische Markt für die meisten Staaten der Welt, als dass sie in dieser für Peking wichtigen Frage der deutlich weniger mächtigen Regierung von Taiwan entschieden Beistand leisten könnten. Auch die Staaten der EU unterhalten schon lange keine offiziellen diplomatischen Beziehungen mehr zu Taiwan – sonst wäre Peking erbost.
Ähnlich wie die EU hat sich bisher der Nachbar Japan verhalten. China ist für Japan der mit Abstand wichtigste Handelspartner, eine japanische Botschaft steht nur in Peking, nicht in Taiwans Hauptstadt Taipeh. In den vergangenen Monaten aber hat sich die bisher betont vorsichtige Haltung Tokios verändert. Im Juli vergangenen Jahres verkündete der damalige Vizepremierminister Taro Aso, dass Japan im Konfliktfall militärisch zu Taiwan halten würde. Im Dezember deutete dies auch der Ex-Premier Shinzo Abe an.
Mittlerweile ist dies deutlich mehr als Rhetorik. Ende vergangener Woche vereinbarten Japan und die USA in einem Ministertreffen, gegen die „destabilisierenden Aktivitäten“ Chinas, die die „regelbasierte Ordnung untergraben“, deutlich vorzugehen. Insbesondere betonten die Regierungsvertreter „die Wichtigkeit von Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße“, wie es in einer gemeinsamen Erklärung vom Freitag heißt. Schon Ende Dezember hatten die zwei Staaten Pläne erarbeitet, wie sie im Falle einer chinesischen Invasion Taiwans militärisch vorgingen.
Von der nahe Taiwan gelegenen japanischen Inselgruppe Nansei aus würde man sich mit US-Truppen auf Angriffe vorbereiten. Aus Japan käme logistische und finanzielle Unterstützung. Vergangene Woche unterschrieben die zwei Staaten, dass Tokio über die kommenden fünf Jahre ab April 1,05 Billionen Yen (rund neun Milliarden US-Dollar) für die US-Truppenpräsenz zahlen wird. Zudem erhöht Japan, das laut seiner pazifistischen Nachkriegsverfassung formal keinen Krieg führen darf, seit Jahren auch das eigene Verteidigungsbudget. Ende vergangenen Jahres beschloss die Regierung den achten Rekordetat für das Verteidigungsministerium in Folge. Neben den zunehmenden Aggressionen aus Peking – von patrouillierenden Schiffen rund um die von China reklamierten, aber von Japan kontrollierten Senkaku-Inseln bis zu Kampfflugzeugen über Taiwan – erwartet sich Japan dadurch auch erhöhte Sicherheit, was das unberechenbare Regime in Nordkorea angeht. Vor allem geht es Tokio aber um eine Eindämmung der wachsenden Einflusssphäre Chinas, das Japan 2010 als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ablöste und jährlich weiterwächst, ökonomisch wie militärisch.













