Impfmuffel am Netz
Frankfurter Rundschau
Erstaunlicherweise hinkt die Tennisszene bei der Impfrate anderen Spitzenorganisationen im Berufssport weit hinterher. „Irritierend“ sei das, sagt ein ATP-Funktionär.
Die verschiedenen Tenniswelten bei den US Open fallen schon vor den Toren des Billie Jean King Tennis Centers ins Auge. An den Zuschauertoren ist mehr Geduld denn je gefragt, um das Grand-Slam-Universum von Flushing Meadows zu betreten, neben der ohnehin peniblen Leibes- und Gepäckkontrolle ist in diesen Corona-Zeiten nun auch für alle Besucher über zwölf Jahren der gültige Impfnachweis vorzulegen. Manche Fans standen an den ersten US-Open-Tagen bis zu einer Stunde in der Warteschlange, der Veranstalter, die United States Tennis Association, sah sich sogar zu einer offiziellen Entschuldigung für den lähmenden Stau gezwungen. Am Eingang zum sogenannten „Presidents Gate“, dort, wo auch die Profis das Grand Slam-Theater entern, ist von solchen Beschwernissen nichts zu spüren. Wer einen Spielerpass vorzeigt, wird nach der üblichen Visitation der Taschen lächelnd durchgewunken. Ob geimpft oder nicht, interessiert nicht weiter – denn bei den US Open wie auch anderswo im Wanderzirkus besteht für die Akteure keine Impfpflicht. Eine äußerst seltsame Situation sei das, notierte der frühere US-amerikanische Topspieler und Davis-Cup-Chef Patrick McEnroe, „ich muss als TV-Experte einen Impfnachweis vorlegen, um hier arbeiten zu können. Aber die Spieler nicht. Schwierig zu verstehen.“ Tatsächlich ist die Impfthematik auch ein Jahr nach den Geisterspielen im Big Apple nicht verschwunden, gerade, weil sich erstaunlich viele Spieler beharrlich als Impfmuffel oder auch offen als Impfgegner zeigen. Jüngste Erhebungen der Spielerorganisationen WTA (Frauen) und ATP (Männer) zeigten, dass nur etwa die Hälfte der Profis gegen Covid 19 immunisiert wurde. Die Konsequenz: Überall dort, wo der Wanderzirkus gastiert, müssen die Spielerinnen und Spieler Sonderrechte beanspruchen und auf Zugeständnisse von Ämtern und Veranstaltern hoffen. Dass Profis, die bei den Reisen rund um den Globus ständig der Gefahr der Ansteckung ausgesetzt seien, eine Impfung teils offen ablehnten, sei „irritierend“, sagt ein hoher Funktionär des Tennisweltverbands ITF. Die Empfehlung zur Impfung sei „sonnenklar“ und sehr „nachvollziehbar“, nicht zuletzt wegen der Vorbildrolle, die viele Stars einnähmen. Die ATP sprach in einem Statement davon, eine Impfung helfe der gesamten Spielergruppe und könne dafür sorgen, „dass Beschränkungen nach und nach aufgehoben werden.“More Related News