
Hilfe, der Minister für Unkulturen verbietet das Gendern!
n-tv
Wolfram Weimer ist nicht sehr beliebt unter Progressiven. Nun will er auch noch sagen, wie man zu reden hat. Unser Kolumnist erwartet deshalb einen offenen Brief von Kulturschaffenden. Die kämpfen gerne für das Gute - auch schon mal mit Leuten, die für die Dampfplauderin Gloria von Thurn und Taxis singen.
Ich könnte hier über die Durchgeknallten und Forschenden schreiben. Aber nehmen wir die Kulturschaffenden, ein Wort, das beide Geschlechter einschließt, falls ich mich nicht irre. Im Duden heißt es: "ursprünglich nationalsozialistische Bezeichnung für die in der Reichskulturkammer zusammengefassten Angehörigen der freien Berufe." Sprache bestimmt das Bewusstsein, oder? Gut, dass die Sprachpolizei offenbar nichts davon weiß, dass Künstlerinnen und Künstler mit einem Begriff, den die Nazis schufen, zusammengefasst werden. Sonst wäre es vorbei, würde das K-Wort niemand mehr verwenden, wenn er nicht in der rechten Ecke landen will.
In der Renaissance und dem Barock gab es sehr wenige Künstlerinnen. Artemisia Gentileschi war die erste Malerin, die den weiblichen Blick in ihre Kunstform brachte und Frauen mit einer bis dahin nicht gekannten Verletzlichkeit malte. Francesca Caccini war die erste Frau, die 1625 eine Oper schuf, ein grandioses Werk. Inzwischen sind Frauen in der Kultur absolute Normalität, kosten Gentileschis Werke Millionen und wird die Musik Hunderter Komponistinnen aller Epochen eingespielt und in Konzertsälen aufgeführt. Gut so. Ob das mit dem geschlechterneutralen Begriff "Kulturschaffende" zu tun hat? Man darf fest daran glauben. Ich bin allerdings alles andere als sicher.
