Hat die Klage der Rohingya gegen Facebook Aussicht auf Erfolg?
DW
Auf 150 Milliarden Dollar Entschädigung verklagen Rohingya das Netzwerk Facebook. Experten halten die Klage für wenig aussichtsreich, aber wichtig.
Im August 2017 eskalierten die Spannungen zwischen den Rohingya, einer muslimischen Minderheit, die überwiegend in Myanmars nordwestlichem Bundesstaat Rakhine angesiedelt ist, und der buddhistischen Mehrheitsbevölkerung. Zuvor hatte die militante Gruppe "Arakan Rohingya Salvation Army" (ARSA) mehrere Polizeistationen und Grenzposten angegriffen. Das birmanische Militär nahm das zum Anlass für eine flächendeckende Operation, in deren Folge etwa 700.000 Rohingya ins benachbarte Bangladesch flohen. Mindestens 10.000 Angehörige der Volksgruppe wurden laut einer Studie der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen getötet.
Gleichzeitig zu der Militäroperation erschienen auf Facebook massenhaft Aufrufe zu Mord und Gewalt gegen die Rohingya. In dem sozialen Netzwerk wurden Kommentare wie folgende tausendfach geteilt und mit Likes versehen: "Wir müssen (die Rohingya) bekämpfen, wie Hitler die Juden bekämpft hat, verfluchte Kalar!" Kalar ist in Myanmar eine abwertende Bezeichnung für Menschen vom indischen Subkontinent. Die Rohingya werden in Myanmar von vielen als illegale Einwanderer gesehen, obwohl ein großer Teil von ihnen bereits seit Jahrzehnten in Myanmar lebt. Ein Bild, das Rohingya-Flüchtlinge auf einem überfüllten Boot zeigte, war untertitelt: "Benzin drüber und anzünden, so dass sie schneller bei Allah sind."
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch kritisierten Facebook damals dafür, dass es nicht genug unternommen habe, um die Hetze auf seiner Plattform zu unterbinden. Facebook gestand seine Versäumnisse im November 2018 ein. Eine unabhängige von Facebook beauftragten Kommission kam zu dem Schluss: "Facebook ist zu einem Mittel für diejenigen geworden, die Hass verbreiten und Schaden anrichten wollen, und Posts standen im Zusammenhang mit physischer Gewaltanwendung."
Trotz dieses Eingeständnisses hatte das bisher keine juristische Konsequenzen für das Unternehmen. Das könnte sich nun ändern. Zwei Sammelklagen wurden gegen Facebook bzw. Meta eingereicht. Bei der Klage in den USA wird dem Unternehmen vorgeworfen, dass es bereit gewesen sei, das Leben von Rohingya zu opfern, um seine Marktmacht in dem südostasiatischen Land auszubauen. Eine weitere Sammelklage wurde am Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs eingereicht. Insgesamt fordern die Kläger 150 Milliarden US-Dollar als Entschädigung.
Das Problem für die Kläger ist, dass nach geltendem US-Recht Facebook und der Mutterkonzern Meta nicht für Inhalte haftbar gemacht werden können, die deren Nutzer gepostet haben. Facebook wird nicht als Autor oder Urheber der Beiträge, sondern nur als Plattform gesehen, die die Infrastruktur für Inhalte bereitstellt. Grundlage dafür ist ein US-Gesetz von 1996, der "Communication Decency Act".