
Giftfälle: Iran verdächtigt Volksmudschahedin
DW
Für die Giftattacken gegen iranische Schulmädchen macht das Regime auch die sogenannten "Volksmudschahedin" verantwortlich. Die Anklage scheint wenig begründet. Doch die Exilgruppe ist umstritten.
Die Führung in Teheran gibt sich entschlossen: Mehr als 100 Personen, die für die Vergiftungsfälle in Mädchenschulen "verantwortlich sind, wurden identifiziert und festgenommen. Gegen sie wird ermittelt", gab das Innenministerium der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA zufolge am vergangenen Samstag bekannt. Unter den Verhafteten seien Personen mit "feindseligen Motiven", erklärte das Ministerium. Diese hätten zum Ziel gehabt, den Menschen Angst einzujagen und Schulen zur Schließung zu zwingen.
Irans Innenministerium stellte einige Tage später eine mögliche Verbindung der Vergiftungsfälle zu einer iranischen Exil-Oppositionsgruppe in Albanien her. Die iranischen Volksmudschahedin, Persisch: "Mudschahedin-e-Khalq" (MEK), werden von Teheran als Terrororganisation eingestuft. In dem IRNA-Bericht hieß es, die Ermittlungen gegen die Verdächtigen, einschließlich "ihrer möglichen Verbindungen zu terroristischen Organisationen wie der MEK", dauerten an.
Die Gruppe weist die Vorwürfe zurück. Die Anschuldigungen seien eine "lächerliche Show", um die "Rolle der Institutionen unter der Kontrolle" des geistlichen Oberhaupts Ayatollah Ali Chamenei "bei dem Verbrechen zu vertuschen", zitieren Nachrichtenagenturen Shahin Gobadi, einen in Paris ansässigen Sprecher der Volksmudschahedin. Die Vergiftung der Schulmädchen sei "das Werk von niemand anderem als dem klerikalen Regime und seinem Sicherheits- und Unterdrückungsapparat".
Dass die Volksmudschahedin hinter den Anschlägen stünden, sei unwahrscheinlich, sagt Armin Eschraghi, Orientalist an der Universität Frankfurt am Main. Belege für ihre Anschuldigungen habe die Regierung bislang nicht vorgelegt. Der Teheraner Führung gehe es in erster Linie darum, einen Schuldigen zu finden. Dafür böten sich die Mudschahedin insofern an, als weite Teile der iranischen Bevölkerung ihnen höchst skeptisch gegenüberstehen, sagt Eschragi.
Er fügt hinzu: "Es scheint kaum wahrscheinlich, dass die Volksmudschahedin oder irgendeine andere nicht der Regierung unterstehende Gruppierung in der Lage wäre, über drei Monate hinweg in Hunderten von Schulen, verstreut über eine Distanz von über tausend Kilometern, solche Anschläge zu verüben, ohne entdeckt zu werden." Auch logistisch wären die Anschläge kaum von einer nicht-staatlichen Gruppe zu realisieren. "Solche Kampfstoffe hat man nicht zu Hause im Kühlschrank", sagt Eschraghi. "Die müssen produziert, gelagert, transportiert werden. Dazu dürften die Volksmudschahedin kaum in der Lage sein."
