Genozid-Abkommen – Opposition in Namibia fordert Neuverhandlung
DW
Die namibische Opposition will das mit der Bundesregierung ausgehandelte Abkommen über den Völkermord an Herero und Nama nachverhandeln. Die Ampelkoalition lehnt dies ab und sorgt damit für Unmut in Namibia.
„Für eine lange Zeit dachten wir, die Grünen wären unsere Freunde." Der Vorsitzende der Ovaherero Genocide Foundation (OGF), Nandiuasora Mazeingo, reagiert mit einem Achselzucken auf die Nachricht aus Deutschland, wonach die Bundesregierung keinen Bedarf für Nachverhandlungen der Gemeinsamen Erklärung mit Namibia sieht. Das Abkommen zum Völkermord an Herero und Nama im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika war jahrelang verhandelt worden. Das Ergebnis hatte im September 2021 für hitzige Debatten im namibischen Parlament gesorgt. „Es scheint so, als gehe es bei diesem Thema in Deutschland nur darum, politische Macht zu erlangen", sagt Mazeingo im Interview mit der DW. „Aber wir werden diese Regierungen überdauern, weil wir auf der richtigen Seite der Geschichte stehen!"
Oppositionsführer McHenry Venaani wiederum hat noch Hoffnung in die Grünen. Der Präsident der größten Oppositionspartei des Landes, Popular Democratic Movement (PDM), hat einen offenen Brief an Außenministerin Annalena Baerbock geschrieben, der der DW vorliegt. Darin fordert er, das Abkommen „nachzuverhandeln" und „umzustrukturieren."
„Frau Baerbock versteht die Problematik", erklärt Venaani im DW-Interview. „Das hat sie als Kandidatin glaubhaft gemacht. Jetzt müssen wir sehen, ob sie das gleiche Verständnis auch als Ministerin aufbringt"
Seine Sorge gilt vor allem den sogenannten Diaspora-Gemeinschaften. „Die Nachfahren der Völkermord-Opfer leben auch in Botsuana und Südafrika. Sie wurden vertrieben, haben ihr Land und ihr Vieh verloren und werden jetzt sich selbst überlassen," so Venaani. Ihre Vertreter müssten in Nachverhandlungen einbezogen werden. Die deutsche Regierung könne dazu auch Gespräche mit der Regierung in Botsuana aufnehmen, fordert der Oppositionspolitiker gegenüber der DW.
Allerdings werden diese Aussagen auch in Namibia mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Der OGF-Vorsitzende Mazeingo lehnt mehr Regierungsbeteiligung ab. Eine Einbindung der Gemeinschaften im Ausland sei zwar wichtig. Sollten jedoch Regierungen für die Nachfahren der Opfer in Botsuana und Südafrika sprechen, käme das nur einer Beibehaltung des Ausschlusses von bestimmten Opfergruppen gleich, sagt Mazeingo der DW. Die Herero und Nama in der Diaspora würden stattdessen durch die Ovaherero Traditional Authority (OTA) und die Nama Traditional Leaders Association (NTLA) vertreten. Allerdings waren diese Gruppierungen nicht Teil der Verhandlungen mit der deutschen Regierung.