Görlach Global: Wirtschaft und Politik gehen in Diktaturen Hand in Hand
DW
Freie Länder dürfen niemals abhängig von Diktaturen und ihren unberechenbaren Herrschern sein. Denn wo das endet, macht in diesen Tagen nicht nur der Krieg in der Ukraine deutlich, meint Alexander Görlach.
Diese Enthüllung von tagesschau.de hatte es in sich: Die vor allem bei jungen Menschen beliebte, aus China kommende App TikTok soll in den Augen der chinesischen Führung kritische Begriffe auch in Deutschland ausgefiltert haben. Konkret geht es um Schlagworte, die mit Rechten von Minderheiten zusammen hängen, insbesondere von Transgender-Menschen.
Darüber hinaus wurden im deutschen TikTok-Ableger Suchbegriffe zensiert, die das Verschwinden der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai thematisieren. Diese hatte den Missbrauch durch einen hochrangigen Funktionär der Kommunistischen Partei Chinas öffentlich gemacht und war daraufhin wochenlang von der Bildfläche verschwunden. Zudem soll TikTok verhindert haben, dass Inhalte, die mit dem Völkermord an den Juden in der Nazi-Zeit zu tun haben, angezeigt werden. In Deutschland ist die Leugnung des Holocaust strafbar.
Diese Nachricht kommt in einem Moment, in dem viele Länder auf der Welt ihre Haltung zur Diktatur in Peking nach langem Zögern endlich ändern. Chinas Unterstützung für den grausamen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat das Fass zum Überlaufen gebracht: Am Mittwoch (23.03.) stimmte die Volksrepublik als einziges Land im UN-Sicherheitsrat gemeinsam mit Russland für dessen Resolutionsvorschlag zur Ukraine. In dem zynischen Papier war die Rede vom Leid in der Ukraine, ohne dass Russland mit nur einer Silbe erwähnt hätte, dass einzig und allein die Kreml-Diktatur für dieses Leid verantwortlich ist.
Unterdessen mehren sich die Anzeichen, dass Peking, entgegen anders lautender öffentlicher Äußerungen, nun doch plant, Russland in der Ukraine militärisch zu unterstützen. Das in Brüssel gut vernetzte Magazin POLITICO berichtete, dass man für diesen Fall bereits auf höchster EU-Ebene Maßnahmen plane, die die wirtschaftliche Macht Chinas treffen sollen. Die Volksrepublik scheint also bereit, Nachteile in Kauf zu nehmen, die aus der Unterstützung Moskaus folgen. Bislang waren Beobachter davon ausgegangen, dass Machthaber Xi seinen russischen Counterpart Putin nur so lange unterstützen werde, bis Konsequenzen im Reich der Mitte selbst spürbar werden.
Peking nutzt seine Wirtschaftsmacht schon lange als verlängerten Arm seiner Ideologie. Die Gesellschaft soll demnach insgesamt umgebaut und militarisiert werden. Investitionen in Infrastruktur im In- und Ausland, dort besonders über das Projekt der "Neue Seidenstraße", werden vor allem dann getätigt, wenn China diese Infrastruktur auch militärisch nutzen kann. Angesicht der jüngsten Entwicklung und der Positionierung Chinas unter Xi Jinping kann davon ausgegangen werden, dass auch die Telekommunikations-Technologie des chinesischen Konzerns Huawei für die Ausweitung der Macht Pekings genutzt und missbraucht werden wird.