Fußball und Sportwetten - eine fatale Beziehung
DW
Kein Fußball ohne Glücksspielwerbung: In der Bundesliga sind die Wettanbieter allgegenwärtig. Sie unterstützen DFB, DFL und Vereine mit Millionenbeträgen - ihre Gewinne aber machen sie mit der Spielsucht der Fans.
Bratwurst, Bier und tolle Stimmung: Die deutsche Fußball-Bundesliga ist weltweit bekannt für volle Stadien und eine einzigartige Atmosphäre. Doch seit geraumer Zeit ist etwas hinzugekommen, dem man sich kaum mehr entziehen kann: Sportwetten. Der Werbung dafür begegnet man immer und überall: im Fernsehen, in den Stadien und auf Fanartikeln. Für viele Fans ist das nicht mehr als ein Hintergrundrauschen, für andere jedoch ist es verheerend.
"Es scheint zur neuen Normalität zu gehören, ist es aber ganz und gar nicht", sagt Thomas Melchior gegenüber der DW. "Wenn du ein Problem mit Wetten hast, dann ist nichts mehr normal. Ich habe 800.000 Euro an Anbieter von Sportwetten verloren und jetzt sitze ich im Gefängnis - auf Kosten der Steuerzahler. Es ist ein super Geschäft für die Wettanbieter: Sie streichen die Gewinne ein und müssen sich um die entstandenen Schäden nicht kümmern."
Melchior befindet sich im offenen Vollzug einer Dresdner Justizvollzugsanstalt. Dort verbüßt er die letzten vier Monate einer Haftstrafe, zu der er im Januar 2019 verurteilt worden war. Der 43-Jährige wurde wegen Betruges verurteilt, nachdem er auf die schiefe Bahn geraten war, um seine immer größeren Wettschulden zu begleichen.
Angefangen hatte alles mit einer Zehn-Euro-Wette auf einen Sieg von Bayern München, die ihm einen Euro Gewinn einbrachte. Damals war Melchior noch in einer Bank angestellt. In der Halbzeitpause des Champions League-Spiels Rapid Wien gegen Bayern München sah er den Werbespot eines Wettanbieters. Für den Wetteinsatz auf einen Bayern-Sieg gab es zehn Prozent Gewinn. Leicht verdientes Geld, dachte sich Melchior. Später folgten größere Gewinne - und noch größere Verluste.
"Ich habe alles verloren”, sagt Melchior, der eine Hilfsagentur für andere Menschen gegründet hat, die sich in einer ähnlichen Lage befinden. Zudem hat er ein Buch mit dem Titel "Mein Leben ist kein Spiel" geschrieben, in dem er über seine Erfahrungen berichtet. "Den Kontakt zu meinen Eltern, zu meinen Freunden, meinen Job. Ich habe alles verloren, was es zu verlieren gab. Ich dachte sogar an Selbstmord. Doch ich habe mich nicht umgebracht, und heute bin ich froh darüber."