Fußball im Iran: Wo sich mutige Frauen schon früher widersetzten
DW
Iranische Frauen stehen an der Spitze der Protestbewegung gegen die Machthaber in Teheran. Im Fußball wollen sie sich schon seit Jahren nicht mit Diskriminierung abfinden.
"Es herrscht großer Zorn wegen der Ermordung unschuldiger Menschen. Und Frust, weil wir nichts dagegen tun können", sagt Leyli der DW. Seit dem Tod von Mahsa Amini Mitte September reißen die Proteste gegen die Machthaber in Teheran nicht ab. Die 22-Jährige war unter nicht geklärten Umständen im Polizeigewahrsam ums Leben gekommen, nachdem sie von der sogenannten Sittenpolizei wegen "unangemessener Kleidung" festgenommen worden war. Bei den landesweiten Demonstrationen sind seitdem nach Angaben der in Norwegen ansässigen Menschenrechtsorganisation "Iran Human Rights" bereits mehr als 200 Menschen getötet worden sein. Vor allem Frauen stehen gegen die Unterdrückung durch die Mullahs auf.
Leyli ist eine Fußballanhängerin, die aus eigener Erfahrung weiß, wie es ist, wenn man sich den Behörden in der Islamischen Republik Iran widersetzt. Als der Teheraner Klub FC Persepolis 2017 zum ersten Mal seit neun Jahren wieder den Titel der "Iran Pro League" gewann, schmuggelte sie sich zum letzten Saisonspiel ins Stadion. "Ich mag Persepolis, weil es ein Klub des Volkes ist und sich seine Werte nach meiner Einschätzung von denen anderer Vereine unterscheiden. Dieser Klub ist nicht nur ein Teil von mir, er ist mein Leben", sagt Leyli, die zum Schutz ihrer Identität ein Pseudonym verwendet.
"Ich wollte den Pokal in den Händen des damaligen Kapitäns Jalal Hosseini sehen, und nichts konnte mich daran hindern. Ich dachte, dass sich dieser Moment vielleicht nie mehr wiederholen würde. Und dass ich es wohl nicht mehr erleben würde, dass sie [die islamischen Behörden - Anm. d. Red.] die Tore des Stadions für Frauen öffnen."
Seit der islamischen Revolution 1979 haben die Frauen im Iran die volle Wucht staatlicher Unterdrückung zu spüren bekommen. Unter anderem wurden sie gezwungen, ihre Haare mit dem Hidschab, dem traditionellen Kopftuch, zu verbergen. Über 40 Jahre lang war es Frauen auch verboten, Fußballspiele von Männer-Teams zu besuchen. Der erzkonservative Klerus des Landes ist der Auffassung, dass Frauen in Stadien mit fanatischen männlichen Fans und ihren teils vulgären Parolen nichts zu suchen haben. Fußball-Fan Leyli fand sich damit ab, WM-Qualifikationsspiele, Endspiele der asiatischen Champions League oder Spitzenspiele der heimischen Liga nur im Fernsehen zu verfolgen. Bis zu jenem letzten Spieltag der Saison 2016/17.
"Ich wollte um jeden Preis dabei sein und habe mich gefragt: 'Warum darf ich nicht hin? Warum lassen sie uns nicht in die Stadien?' Dahinter steckt nichts anderes als ein fauliger Glaube. Es ist respektlos, Frauen durch Zwang in ihren Möglichkeiten einzuschränken." Also tat sie das Einzige, was sie für möglich hielt, um in das riesige Azadi-Stadion mit seinen bis zu 100.000 Zuschauern zu gelangen: Leyli verkleidete sich als Mann und verbarg ihre weiblichen Proportionen.