
Friedhöfe kommen nicht als neue Bauflächen infrage
n-tv
Heutzutage werden weniger Menschen in klassischen Gräbern bestattet als noch vor einigen Jahren. Das bedeutet eine größere Anzahl an ungenutzten Friedhofsflächen. Der Frage, ob man diese Areale bebauen solle, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken, stehen Wissenschaftler kritisch gegenüber.
Auf Friedhöfen in Deutschland bleibt immer mehr Fläche ungenutzt - Wissenschaftler warnen allerdings davor, diese Flächen angesichts der Wohnungsnot in den Städten kurzerhand in Bauland umzuwandeln. Friedhöfe verfügten oft über ein einzigartiges Ökosystem, hieß es in einer Mitteilung der Technischen Universität (TU) Berlin. Allein auf den Berliner Friedhöfen gibt es demnach rund 340 Hektar Fläche, die nicht mehr für Gräber benötigt werden.
"Grund dafür ist eine sich verändernde Trauer- und Bestattungskultur seit den 1980er Jahren", erklärte Sylvia Butenschön von der TU. So lassen sich Menschen heute oft in Friedwäldern oder auf See bestatten. "Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Friedhöfe so ausgedehnt, dass sie vor den Toren der Siedlungen und Städte angelegt werden mussten", erklärte die Landschaftsarchitektin. "Heute haben wir zum ersten Mal die Situation, dass die Friedhöfe zu viel Fläche haben."
Für Butenschön und andere Wissenschaftler sind Friedhöfe daher längst nicht mehr nur Begräbnisstätten, sondern "Orte der Naturerfahrung und des kulturellen Gedächtnisses und ein Hotspot der Artenvielfalt", wie der ehemalige TU-Professor Ingo Kowarik bereits auf einer Fachtagung zur Transformation historischer Friedhöfe im Februar in Berlin betonte. Auf Friedhöfen findet sich nach Angaben der Experten unter anderem oft ein guter, humusreicher Gartenboden, der von Pilzen, Bakterien, Würmern und Insekten bevölkert ist und Nährstoffe, Wasser und CO2 speichert.
