Fall Ella: Klimaaktivistin in Haft – Polizei ändert Aussage vor Gericht
Frankfurter Rundschau
Im Prozess gegen die unbekannte Klimaaktivistin aus dem Dannenröder Forst gibt es eine Wende. Nach 15 Monaten könnte Ella bald freikommen.
Gießen – Im Strafprozess gegen die als Ella bekannt gewordene Klimaaktivistin aus dem Dannenröder Forst hat die Verteidigung beantragt, die Angeklagte aus der Haft zu entlassen. Die Staatsanwaltschaft habe bis zum morgigen Mittwoch Zeit, dazu Stellung zu nehmen, sagte die Frankfurter Strafverteidigerin Waltraut Verleih, die zu Ellas Anwält:innen zählt, am Montag im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau.
Grund für den Antrag ist eine Wende in dem Berufungsprozess, zu der es in der vergangenen Woche gekommen war. Vor dem Landgericht Gießen sagten die Beamten des Spezialeinsatzkommandos aus, die Ella am 26. November 2020 aus ihrem Baumhaus geholt und festgenommen hatten. Dabei schilderten sie die Situation weitaus weniger dramatisch als im ersten Prozess vor dem Amtsgericht in Alsfeld, in dem Ella zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden war.
Das Gericht hatte damals unter anderem den Tatbestand des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall und der gefährlichen Körperverletzung als bewiesen angesehen und war mit dem Strafmaß nur knapp unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft geblieben.
Von entscheidender Bedeutung dürfte sein, dass sämtliche Polizisten bei der Räumung des Baumhauses in 15 Metern Höhe gesichert waren. Das belegt auch ein Polizeivideo, das vor Gericht gezeigt wurde und den Einsatz dokumentiert. Somit ist zwar unstrittig, dass sich Ella gegen ihre Festnahme gewehrt hatte. Dass für die Beamten Lebensgefahr bestand, ist hingegen ausgeschlossen. Für die Räumung der Baumhäuser standen auch zwei Hubsteiger bereit, die einen gefahrlosen Ablauf ermöglicht hätten. Warum die Polizei die Geräte nicht einsetzte, blieb offen.
Unklar ist auch, wie schwer die Beamten, die vermummt aussagten und statt ihres Namens nur eine Kennziffer angaben, bei dem Einsatz verletzt wurden. Ein Polizist hatte in seiner ersten Befragung erklärt, er sei unverletzt geblieben. Später gab er an, er könne den Hals nicht mehr schmerzfrei bewegen. Dennoch blieb er bei der Räumung des Dannenröder Forstes, durch den die Autobahn 49 verlaufen soll, im Einsatz und holte weitere Klimaaktivist:innen aus den Bäumen.