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Expressionismus und Kolonialismus

Expressionismus und Kolonialismus

DW
Wednesday, January 05, 2022 10:53:48 AM UTC

Anfang des 20. Jahrhunderts suchten Maler wie Emil Nolde oder Max Pechstein in den deutschen Kolonien nach Ursprünglichkeit. Von der kolonialen Ausbeutung sieht man auf ihren Bildern nichts.

Als der Maler Max Pechstein im Mai 1914 den Luxusdampfer "Derfflinger" bestieg, um in die damaligen deutschen Kolonien in der Südsee zu reisen, befand er sich auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Karriere. Innerhalb weniger Jahre hatte er sich in Berlin einen Namen gemacht, und die Kunstkritiker feierten seine neue, radikal moderne Art zu malen: Der junge Pechstein galt als Vorzeigekünstler des gerade erst geborenen Expressionismus'.  

Warum aber verließ Pechstein ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt das kulturelle Zentrum Berlin, um auf die Palau-Inseln zu ziehen, einem winzigen Stück Land im Pazifik, das seit 1899 eine Kolonie des damaligen Deutschen Kaiserreichs war?

Für Max Pechsteins Reise lassen sich mehrere Gründe finden: Nach einer Begegnung mit den Dresdener Künstlern Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel trat Max Pechstein ihrer Künstlervereinigung "Brücke" bei, die neben dem "Blauen Reiter" die bis heute bekannteste Expressionisten-Gruppe Deutschlands ist. Obwohl die Kunst der "Brücke"-Künstler den Kritikern anfangs sogar zu modern war, einte sie vor allem ihre kritische Haltung gegenüber den Auswüchsen der modernen, westlichen Zivilisation.

Pechstein und Co. sträubten sich gegen die engen gesellschaftlichen und künstlerischen Regeln im Kaiserreich und sehnten sich stattdessen nach Ursprünglichkeit. In ihrer Kunst suchten sie, wie Max Pechstein in seiner Autobiographie später formulierte, die "unentweihte Einheit von Natur und Mensch". Diese ursprüngliche Einheit von Mensch und Natur glaubten die Künstler unter anderem in den deutschen Südsee-Kolonien finden.

Darauf verweist auch die Ausstellung "Whose Expression? Die Künstler der Brücke im kolonialen Kontext", die nach den Verflechtungen der "Brücke"-Künstler mit dem deutschen Kolonialismus fragt und noch bis zum 20. März im Berliner Brücke-Museum zu sehen ist. Die Ausstellung zeigt unter anderem die Faszination der "Brücke"-Künstler für Objekte, die aus den Kolonien in das Deutsche Reich geschafft wurden, wie zum Beispiel ein verzierter Dachbalken eines "Männerhauses", wie sie auf den Palau-Inseln üblich waren und der heute noch im Dresdner Museum für Völkerkunde ausgestellt wird. 

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