Exodus aus Bosnien - Flucht vor Korruption und Aussichtslosigkeit
DW
Immer mehr Menschen verlassen das Balkanland. Im Westen suchen sie ein besseres Leben. Viele fühlen sich vor allem von der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen.
Die Koffer sind gepackt, das Ticket ist gebucht. Von Sarajevo, Tuzla oder Banja Luka wird es gen Norden gehen: nach Ljubljana, München, Wien oder Malmö. One-way - eine Rückkehr ist erst einmal nicht geplant.
Seit Jahren wandern vor allem junge Menschen aus Bosnien und Herzegowina und anderen Balkanstaaten ab. Doch was lange als Brain Drain bezeichnet wurde, hat sich längst zu einem Massenexodus ausgeweitet. Selbst jene, die gute Jobs in der Heimat haben, etwa bei internationalen Organisationen, kennen nur noch eine Richtung: auf und davon.
Eine, die genau diesen Schritt gegangen ist, ist Hana Curak. Seit ein paar Jahren wohnt die 28-Jährige fernab der bosnischen Heimat, heute arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität in Berlin. Zuhause in Bosnien vermisse sie das Verständnis für progressive Personen oder Aktionen, sagt sie. Die Macht-Strukturen seien zu festgefahren.
Die Zahlen sind alarmierend: Zählte Bosnien und Herzegowina 1991 noch 4,3 Millionen Einwohner, sind es derzeit nurmehr rund drei Millionen. Tausendfach ziehen Krankenschwestern, Physiotherapeuten und Handwerker weg. Und der Schwund wird UN-Prognosen zufolge weiter gehen: Bis 2050 werden weitere 500.000 Bosnier und Bosnierinnen ihre Heimat verlassen.
Schon im Krieg (1992-95) flohen Hunderttausende vor den Gräueltaten aus dem Land. Die aktuelle Abwanderungswelle hat hingegen vielschichtige Gründe: die desolate Wirtschaftslage, die schlechte Gesundheitsversorgung, Korruption und Rechtsunsicherheit. Nicht zuletzt gelten auch die toxischen Politikansätze der Nationalisten als maßgebliche Push-Faktoren, die die Menschen aus dem Land treiben.