Europas qualvolle Tiertransporte
DW
Die EU will den Schutz von Tieren verbessern und Transportregeln verschärfen. Das Parlament setzt sich nun mit den Ergebnissen einer monatelangen Untersuchung auseinander. Diese lieferte teils erschütternde Erkenntnisse.
Die Bilder sind nur schwer zu ertragen: Das aufgebrochene Horn einer Kuh, verschmiert mit dickem, altem Blut. Etwas davon tropft noch auf die gelbe Ohrmarke, auf der die Buchstaben des Herkunftslands noch gut zu erkennen sind – HU für Ungarn. Nutztiere wie dieses sind für den außereuropäischen Markt bestimmt und verbringen oft Tage, wenn nicht sogar Wochen eingepfercht auf Schiffsdecks auf hoher See. Vielen machen Hitze, Wassermangel und Krankheiten zu schaffen. Kadaver verendeter Tiere werden in der Regel einfach über Bord geworfen.
"Trinken Sie besser einen Schnaps, bevor Sie sich das ansehen", hatte Gabriel Paun noch gesagt. Er arbeitet für die Tierschutzorganisation Animals International und hat der DW Videomaterial seiner Recherchen zur Verfügung gestellt. Zu sehen sind unter anderem Kühe, eingekotet in der Hitze und zusammengebrochen auf LKW-Ladeflächen. Schafe, die mit Schlägen und Elektroschocks auf Schiffe getrieben werden und dilettantisch durchgeführte Schlachtungen in den Zielländern. Zu diesen gehören unter anderem Saudi Arabien, der Libanon, Libyen oder Israel.
Jahrelang haben Gabriel Paun und weitere Aktivisten Transporte von Nutztieren in der EU und über ihre Grenzen hinweg dokumentiert. Aus Angst vor Repressalien haben sie diese häufig aus Verstecken heraus heimlich gefilmt. Immer wieder habe es Probleme mit der Polizei gegeben. In Slowenien, erzählt Paun, sei er von einem Polizisten mit gezogener Waffe dazu gezwungen worden, einen Strafzettel zu unterschreiben. Er hatte die Polizei zuvor selbst gerufen, damit diese sich bei starker Hitze einen problematischen Transport ansehen sollten.
"Sie hatten keine Ahnung, dass es überhaupt europäische Gesetze dazu gibt. Sie sollten auf den Straßen sein und die LKW davon abhalten, bei Temperaturen zu fahren, bei denen selbst Asphalt schmilzt und die Tiere auf den Anhängern sterben", berichtet Paun von dem Erlebnis.
Mehr als 3,8 Millionen Tiere werden jeden Tag durch die EU transportiert. Aber auch der besonders lange und stressige Export von lebendem Vieh aus der EU in Drittstaaten ist ein großes Geschäft. Allein etwa drei Millionen lebende Schafe und Lämmer wurden 2020 aus der EU exportiert. Zu den größten Abnehmern gehören Länder wie Jordanien, Saudi Arabien und Israel.