EU stuft Atomkraft und Erdgas als nachhaltig ein
DW
Gut 35 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl hat die EU-Kommission ein Öko-Label für Kernenergie und Erdgas beschlossen. Unter bestimmten Kriterien ist Atomkraft gut fürs Klima, meint Brüssel.
Die Europäische Kommission hat ein "Klima-Siegel" für Atomenergie und Erdgas beschlossen. Beide werden in die sogenannte Taxonomie-Verordnung aufgenommen, mit der Milliarden-Investitionen in "grüne" Energien angekurbelt werden sollen, wie die EU-Kommission in Brüssel mitteilte. Die zuständige EU-Kommissarin Mairead McGuinness sagte, dies biete "eine echte Lösung" für das Ziel der EU, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden.
Dafür sind nach Angaben der Kommission jährliche Investitionen von 350 Milliarden Euro nötig. Die Taxonomie soll einen Anreiz für private Investoren bieten. Kritiker monieren, dass mit Atom und Gas die Taxonomie an Glaubwürdigkeit verliert und am Ende von Investoren am Kapitalmarkt nicht akzeptiert werden könnte.
Frankreich ist zu rund 70 Prozent abhängig von Atomstrom und hatte durchgesetzt, Kernenergie in die Taxonomie aufzunehmen, was vor allem Deutschland kritisiert. Vor allem die Grünen in der Ampel-Koalition in Berlin hatten erfolglos gegen das "Klima-Siegel" für Atomkraft protestiert.
Die Bundesregierung setzte sich aber für Gas als sogenannte Brückentechnologie ein. Deutschland ist zum Ausstieg aus der Kohle und zum Übergang auf Öko-Energieträger wie Sonne und Windkraft auf Gas angewiesen. Bei Umweltschützern war diese Haltung auf scharfe Kritik gestoßen.
Theoretisch können die Mitgliedstaaten oder das Europaparlament das geplante Inkrafttreten der neuen Regeln 2023 noch verhindern. Allerdings gilt dies wegen der hohen Hürden als schwierig: So müssten mindestens 20 Mitgliedstaaten dagegen stimmen oder aber eine absolute Mehrheit im Europaparlament.