Ethikrat empfiehlt mehrheitlich Ausweitung der Impfpflicht
DW
Eine Corona-Impfpflicht wird in Deutschland kontrovers diskutiert. Bund und Länder bitten den Deutschen Ethikrat um eine Einschätzung. Doch die Antwort des Gremiums fällt komplex aus.
Der Deutsche Ethikrat befürwortet eine Ausweitung der kürzlich beschlossenen Corona-Impfpflicht für Personal in der Pflege und im Gesundheitsbereich auf "wesentliche Teile der Bevölkerung". Eine solche Maßnahme sei aber "nur zu rechtfertigen, wenn sie gravierende negative Folgen möglicher künftiger Pandemiewellen abzuschwächen oder zu verhindern mag", heißt es in der Stellungnahme, die der Ethikrat mit 20 Ja- und vier Gegenstimmen angenommen hat.
Solche negativen Folgen seien etwa "eine hohe Sterblichkeit, langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen signifikanter Teile der Bevölkerung oder ein drohender Kollaps des Gesundheitssystems". Eine Impfpflicht könne "kein Allheilmittel gegen die Pandemie sein, sondern nur als Teil einer umfassenden, evidenzbasierten, differenzierten und vorausschauenden Pandemie-Gesamtstrategie erwogen werden", schreiben die Expertinnen und Experten.
In seiner Empfehlung fordert der Ethikrat, eine Impfpflicht mit einer Reihe von Maßnahmen zu flankieren. Neben flächendeckenden Impfangeboten und ausreichend Impfstoff sollte - soweit möglich - das Vakzin frei gewählt werden können. Empfohlen werden auch direkte Einladungen mit personalisierten Terminen, ein datensicheres nationales Impfregister sowie kontinuierliche Evaluation und Begleitforschung.
Zum Umfang und der genauen Ausgestaltung einer erweiterten Impfpflicht gibt es im Ethikrat jedoch unterschiedliche Auffassungen. So befürworten 13 von 20 Mitgliedern, die grundsätzlich dafür sind, eine Ausweitung auf alle in Deutschland lebenden Erwachsenen, die sich impfen lassen könnten. Dies sei notwendig, um das Ziel einer nachhaltigen und dauerhaft tragfähigen Beherrschung der Pandemie zu erreichen.
Sieben Mitglieder sprechen sich dafür aus, die Impfpflicht auf Erwachsene zu beschränken, die im Hinblick auf COVID-19 besonders verletzlich sind - etwa Ältere oder Vorerkrankte. Ein "risikodifferenziertes" Vorgehen sei das mildere Mittel.