Endlich frei von allen Beschwerden
Süddeutsche Zeitung
Wie schon 2019 hat Danielle Collins unerwartet das Halbfinale in Melbourne erreicht. Inzwischen hat sie ihren härtesten Widersacher überwunden: den eigenen Körper.
Zu viel Liebe und Harmonie sind für einen Sportler selten gut - zumindest nicht während eines Turniers. Alizé Cornet jedenfalls erfuhr zu Wochenbeginn nach dem tränenreichen Einzug ins Viertelfinale der Australian Open, ihrem ersten im 63. Anlauf, so viel Zuneigung, dass sie aus dem Takt kam. "Es waren nicht nur Freunde und Verwandte, die mir gratulieren wollten, sondern alle möglichen Spielerinnen auf der Anlage", sagte die Französin am Mittwoch in Melbourne, "es war alles sehr emotional" und offenbar auch zehrend.
Der andere, mindestens ebenso wichtige Faktor für die 5:7, 1:6-Niederlage der Französin lief ungeduldig auf der anderen Seite des Netzes herum und trägt den angenehm weichen Namen Danielle Rose Collins. Auf dem Platz allerdings ist alles hart an der Amerikanerin, vor allem ihre Vorhand, die sie an guten Tagen erbarmungslos auf die andere Seite knüppelt, relentless, wie die Amerikaner gerne sagen, unerbittlich. Man frage nur mal nach bei Angelique Kerber, die 2019 in Melbourne eine der deftigsten Niederlagen ihrer Karriere bezog (0:6, 2:6), weil die Gegnerin aus Florida fast jeden Ball perfekt traf.
Collins tauchte damals mit 25 erstmals in Australien auf. Denn obwohl sie schon als Dreijährige mit einem Schläger nach Tennisbällen schwang, war sie eher eine Spätzünderin, mit vielen Matches auf College-Ebene, bevor sie dann vor drei Jahren wie aus dem Nichts bis ins Halbfinale der Australian Open stürmte. Dass sie es diesmal mindestens wieder so weit geschafft hat, "macht mich enorm stolz", denn sie hatte einen Widersacher zu überwinden, der gewaltiger und gefährlicher ist als jeder Gegner: den eigenen Körper.
Rafael Nadal fehlte ein halbes Jahr, es war unklar, ob er bei den Australian Open würde antreten können. Nun steht der Spanier im Halbfinale - und könnte einen Coup wiederholen, der dem Schweizer Roger Federer 2017 gelungen war. Von Gerald Kleffmann
Zunächst musste sie rheumatoide Arthritis in den Griff bekommen, und als wäre das nicht genug für einen jungen Menschen, wurde sie 2018 von Endometriose heimgesucht, einer heimtückischen Schädigung an der Gebärmutter, die erst nicht erkannt und dann falsch therapiert wurde.
