Einschränkungen für Frauen gefährden Stabilität Afghanistans
DW
Kein Land könne sich sozial oder wirtschaftlich entwickeln, wenn die Hälfte der Bevölkerung ausgeschlossen sei, warnt UN-Menschenrechtkommissar Volker Türk. Afghanistan drohten "schreckliche Dominoeffekte".
UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk hat von den radikal-islamischen Taliban ein Ende der Einschränkungen für Frauen und Mädchen in Afghanistan gefordert. "Diese unabschätzbaren Einschränkungen für Frauen und Mädchen werden nicht nur das Leid aller Menschen in Afghanistan vergrößern", sagte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte in Genf. Kein Land könne sich sozial oder wirtschaftlich entwickeln, wenn die Hälfte der Bevölkerung ausgeschlossen sei.
"Ich fordere die De-facto-Behörden dazu auf, die Achtung und den Schutz der Rechte aller Frauen und Mädchen zu gewährleisten", erklärte Türk. Die Regelungen riskierten, die afghanische Gesellschaft zu destabilisieren und "schreckliche Dominoeffekte" auszulösen.
Mit Blick auf das Beschäftigungsverbot von Frauen in Nichtregierungsorganisationen (NGO), das die Taliban verfügt hatten, sagte Türk: "Frauen zu verbieten, in NGOs zu arbeiten, beraubt sie und ihre Familien ihres Einkommens, und ihres Rechts, auf positive Weise zur Entwicklung ihres Landes und zum Wohlergehen ihrer Mitbürger beizutragen." Das Verbot werde die Fähigkeiten der NGOs, notwendige Leistungen zu erbringen, "beeinträchtigen oder gar zerstören". Manche lebensrettenden Gesundheitsdienste würden nur von NGO-Mitarbeiterinnen angeboten, sagte er und forderte die sofortige Rücknahme der Einschränkungen.
Inzwischen gibt es Hinweise darauf, dass es von dem Verbot für Frauen, in NGOs mitzuarbeiten, Ausnahmen geben soll. Laut einem Sitzungsprotokoll zwischen Vertretern der UN und der islamistischen Führung in Afghanistan sollen weibliche Angestellte der Vereinten Nationen und ausländische Angestellte von NGOs ausgenommen sein, sowie alle Frauen, die im Gesundheitsbereich arbeiten. Das Treffen fand demnach am Montag statt. Das Protokoll liegt der Deutschen Presse-Agentur nach eigenen Angaben vor. Von Seiten der Taliban gibt es bislang keine Reaktion darauf.
Das Arbeitsverbot hat im Land und international heftige Reaktionen hervorgerufen. Mehrere für das Land wichtige Hilfsorganisationen, darunter das International Rescue Committee (IRC), die Norwegische Flüchtlingshilfe (NRC) oder auch die Welthungerhilfe, setzten bereits ihre Arbeit aus. Entwicklungsministerin Svenja Schulze hatte am Montag die deutsche Hilfe für das Land infrage gestellt.