Ein Füllhorn für die Funktionäre
Süddeutsche Zeitung
Wird der DFB zum Selbstbedienungsladen? Der Verband will die Vergütung für Spitzenpersonal bald selbst regeln - und erweitert den Kreis von Amateurvertretern, die profitieren können.
Der Amateurfußball durchlebt harte Zeiten, Corona wirbelt weiter alles durcheinander. Manche der 25 000 Vereine an der Basis kämpfen um die Existenz, Spieler müssen an Bord und Teams im Betrieb gehalten werden, groß sind die finanziellen Sorgen. Aber eine Gruppe muss sich künftig weniger Gedanken ums Thema Finanzen machen - jedenfalls um die eigenen: Funktionäre, die den Amateurfußball im Deutschen Fußball-Bund (DFB) vertreten.
Am 11. März steht der vorverlegte Bundestag des DFB an, gewählt wird wieder mal ein neuer Präsident. Favorit ist Bernd Neuendorf, 61, der Kandidat des von Interimsboss Rainer Koch dirigierten Amateurlagers. Dagegen steht der Profivertreter Peter Peters, 59, zu dessen Forderungen zählt, dass Koch kein relevantes Amt mehr ausüben soll - schon gar nicht als Vertreter des deutschen Fußballs in der Europa-Union Uefa.
Der Umgang mit einer Anzeige des ehemaligen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel offenbart, dass im Verband eine teils mittelalterliche Rechtsauffassung herrscht. Kommentar von Thomas Kistner
Die heiße Wahlkampfphase läuft. Wie heftig sie wird, offenbaren nun die Anträge für die Satzungsreform, die beim Bundestag erfolgen soll (liegen der SZ vor). Sie zeigen, in welchem Geist die Amateur-Armada einmal mehr auf Koch und Co. eingeschworen werden soll: mit einer Art Füllhorn für Funktionäre.
Derzeit legt ein unabhängiger Ausschuss um den früheren Wolfsburger VW-Manager Wolfgang Hotze die Entgelte für das gewählte Spitzenpersonal fest; die Spanne bewegt sich von 51 600 Euro (plus etwaiger Verdienstausfälle) für normale Präsidiumsmitglieder bis zu 246 000 Euro für den DFB-Präsidenten. Aber die unabhängigen Aufpasser braucht es aus Sicht der im Präsidium dominanten Amateure nicht mehr: Sie sollen von dieser Aufgabe beim Bundestag entbunden werden. Stattdessen sollen Vergütung, Aufwandsentschädigung, Verdienstausfälle oder auch Sachzuwendungen wie Dienstwagen oder Telefon in einer neuen, vom Bundestag noch zu beschließenden Finanzordnung geregelt werden - damit, so heißt es allen Ernstes in der Begründung, dieses Thema "noch transparenter als bislang" geregelt werden könne. Im Zweifel soll nun der DFB-Vorstand die Verteilung bestimmen. Sprich: die Amateurvertreter selbst.