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Ein bisschen wahnsinnig

Ein bisschen wahnsinnig

Süddeutsche Zeitung
Monday, January 24, 2022 08:47:06 AM UTC

Die US-Footballliga erlebt eines der verrücktesten Wochenenden ihrer Geschichte, alle vier Playoff-Partien entscheiden sich in letzter Sekunde. Titelverteidiger Tom Brady und die Buccaneers sind trotz spektakulärer Aufholjagd raus.

Natürlich musste diese Partie so enden. Das wirklich Erstaunliche war, dass tatsächlich ein paar Leute verblüfft waren über den Wahnsinn, den Tom Brady mal wieder veranstaltete. Er hatte das ja schon so oft getan in seiner Karriere - beim ersten Super-Bowl-Sieg zum Beispiel vor, ja wirklich, 20 Jahren, als er die New England Patriots entgegen aller Expertenmeinungen zum Erfolg führte. Oder 2017, als er im Endspiel einen 3:28-Rückstand gegen die Atlanta Falcons aufholte. Oder - ach, es passierte viel zu oft, um alle Beispiele zu nennen.

Diesmal holte Brady, mittlerweile Spielmacher bei (und Super-Bowl-Sieger der letzten Saison mit) den Tampa Bay Buccaneers, im Playoff-Viertelfinale einen 3:27-Rückstand gegen die Los Angeles Rams auf und - nein, Moment, die Partie endete nicht, wie sie immer endet: mit einem Sieg von Brady. Sie endete, wie alle Spiele der US-Footballliga an diesem Wochenende endeten: völlig verblüffend und völlig verrückt. Alle vier Partien wurden in letzter Sekunde entschieden, es war eins der wahnsinnigsten Wochenenden in der Geschichte dieser Liga. So sehr, dass die Leute noch lange darüber debattieren werden, was denn nun das wildeste Ende gewesen ist.

Die Los Angeles Rams haben die Zukunft geopfert, um in dieser Saison den Super Bowl zu gewinnen, der in ihrem neuen Stadion ausgespielt wird. Kann es mit ihrem "Finale dahoam" klappen?   Von Jürgen Schmieder

In Tampa Bay nämlich legte Rams-Spielmacher Matthew Stafford, vor der Saison erst von den notorisch erfolglosen Detroit Lions gekommen, eine Vintage-Brady-Spielzugserie hin: In nur 42 Sekunden führte er die Rams 63 Yards nach vorne, entgegen aller Expertenmeinungen, die nach dem ersten Spielzug (Stafford wurde gestoppt und sagte später darüber: "Ich wollte gegen zwei Gegenspieler laufen, ganz dumme Idee.") rieten, die Rams sollten die Uhr runterspielen und eine Verlängerung erzwingen. Taten sie nicht, nach einer 44-Yard-Bombe von Stafford auf Cooper Kupp ("Den Ball werfe ich bei hundert Versuchen normalerweise kein einziges Mal in seine Arme.") traf Kicker Matt Gay drei Sekunden vor Schluss aus 30 Yards zum 30:27: neun von zehn Punkten auf der Brady-Skala.

Die Rams stehen also im Halbfinale, und sie müssen dafür nicht wie erwartet in die Kälte von Wisconsin, sondern haben am kommenden Sonntag Heimrecht. Das lag an der zweiten verrückten Partie dieses Wochenendes: Es war nicht wirklich ein Football-Spiel, das in Green Bay stattfand. Bei Temperaturen von bis zu minus 18 Grad war es eher ein grotesker Wettbewerb im Weniger-Fehler-Machen, bei dem die San Francisco 49ers mit 13:10 gegen die Packers gewannen, ohne dass die Offensive auch nur einen Touchdown schaffte. So etwas hatte es in den Playoffs seit zwölf Jahren nicht mehr gegeben, den Sieg für San Francisco sicherte Kicker Robbie Gould mit einem Tritt zwischen die Stangen aus 45 Yards: acht von zehn auf der Brady-Skala.

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