Djokovic und der nächste Akt im australischen Drama
Frankfurter Rundschau
Eine Saga ohne Ende: Der umstrittene Tennis-Superstar wird vom Einwanderungsminister aus dem Land geschmissen. Djokovic zieht umgehend wieder vor Gericht. Kein Wunder, dass Netflix direkt eine Serie ankündigt.
Eigentlich hätten ihm die wohlverdienten Schlagzeilen dieses letzten Freitags vor den Australian Open gehören sollen: Sir Andrew Barron Murray, dem wackeren Tennis-Braveheart aus Schottland. Beim Turnier in Sydney rückte Altmeister Murray nach gewohnt zähem Ausdauerkampf ins Finale vor, eine mittelschwere Sensation aus den Händen eines Mannes, der vor drei Jahren schon einmal – körperlich schwer gebeutelt – in den Ruhestand gegangen war. Und der mittlerweile mit künstlicher Hüfte doch am werweißwievielten Comeback seiner ohnehin schon erstaunlichen Karriere bastelt.
Doch während der 34-Jährige diesen Coup landete, platzte die allerneueste Nachricht in der unsäglichen Novak-Djokovic-Affäre in die Welt: Um 17.52 Uhr Ortszeit verkündete Australiens Einwanderungsminister Alex Hawke nach tagelanger Hängepartie, er werde Djokovics Visa mit einer Exekutivorder aufs Neue annullieren. Zur Begründung führte der konservative Minister an, es sei im öffentlichen Interesse und im Sinne des Gesundheitsschutzes, „das Visum von Herrn Djokovic zu widerrufen.“ Die Regierung sei „strengstens dazu angehalten, die australischen Grenzen zu schützen, gerade im Zusammenhang mit der Covid 19-Pandemie.“
Djokovics Chancen, zum zehnten Mal in der Rod-Laver-Arena zu triumphieren beim Grand Slam-Spektakel (17. bis 30. Januar), waren damit beträchtlich gesunken, aber auch noch nicht auf Null angelangt. Die Anwälte des 34-jährigen serbischen Nationalhelden legten umgehend Einspruch gegen das ministerielle Dekret ein, in einer Anhörung am Freitagabend vor dem „Federal Circuit and Family Court“ wurde der Fall schließlich von Richter Anthony Kelly zum höheren australischen Bundesgericht überwiesen. Am Samstag soll dort eine erste Anhörung stattfinden.
Djokovic wurde nicht sofort von den Behörden festgesetzt, am Samstag soll er gegen 8 Uhr Ortszeit zunächst von Beamten der Grenzschutzes verhört werden, ehe er sich von 10 bis 14 Uhr bei seinen Anwälten für die gerichtliche Anhörung aufhalten darf. Auch Samstagnacht dürfe er dann in seinem angemieteten Anwesen schlafen. Australiens Premier Scott Morrison kommentierte das Geschehen am Freitag noch vor der Gerichtsverhandlung so: „Die Entscheidung des Einwanderungsministeriums war sorgfältig begründet. Die Australier haben während der Pandemie viele Opfer gebracht, und sie erwarten zu Recht, dass das Ergebnis dieser Opfer geschützt wird.“
Tatsächlich betrachtet die australische Öffentlichkeit die Djokovic-Saga mit immer größerem Widerwillen – und zunehmendem Ärger. Meinungsumfragen mehrerer Zeitungen und Online-Medien weisen aus, dass sich mehr als 80 Prozent der Bürger für eine sofortige Abschiebung des eigenwilligen Tennis-Superstars aussprechen.