Diese Handball-EM ist eine Corona-EM
Süddeutsche Zeitung
Sieben Coronafälle im deutschen Team, die Fans stehen dicht an dicht und ohne Masken: Es war leider erwartbar, dass sich die EM in Ungarn und der Slowakei auf diese Weise entwickelt.
Was soll die deutsche Handball-Nationalmannschaft nun tun? Diese Europameisterschaft irgendwie zu Ende spielen, so gut es geht, oder einfach die Koffer packen und heimreisen?
An einen regulären Spielbetrieb ist jedenfalls kaum noch zu denken, seit am Montagabend fünf weitere Coronafälle im deutschen Team verkündet wurden. Insgesamt sieben Spieler aus dem ursprünglich 19 Profis umfassenden Turnierkader fallen nun infiziert aus - für das Gruppenfinale der Vorrunde am Dienstagabend (18 Uhr, ZDF) gegen Polen hat Bundestrainer Alfred Gislason gerade noch elf gesunde Spieler zur Verfügung. Zwar wurden eilig fünf Spieler nachnominiert, doch die dürfen nur spielen, wenn sie rechtzeitig einen negativen PCR-Test vorlegen.
Das deutsche Handball-Team wähnte sich bei der EM in corona-sicherer Umgebung. Doch der Schein trog: Fünf Spieler um Torwart Andreas Wolff wurden positiv getestet und in Quarantäne geschickt. Von Ralf Tögel
Die Deutschen stehen in dieser Lage nicht alleine da. Kroatien, Polen, Serbien, Nordmezedonien, alle haben etliche positive Fälle zu beklagen. Die Betroffenen müssen in Quarantäne, dürfen sich frühestens nach fünf Tagen freitesten. Und das Turnier befindet sich erst in seiner ersten Woche: Nach allem, was über die Ansteckungswege insbesondere der neuen Virusvariante bekannt ist, dürften die Zahlen bald explodieren.
Die Handball-EM als Corona-EM - es war leider erwartbar, dass sich die Veranstaltung auf diese Weise entwickelt. Die Europäischen Handballföderation (EHF) hat ausdrücklich auf eine Turnier-Bubble verzichtet, wie sie bei der WM in Ägypten vor einem Jahr errichtet wurde - und vertraut auf einen zweitägigen PCR-Test-Rhythmus für alle Spieler. Diese Strategie muss als gescheitert betrachtet werden. Die Deutschen hatten sich ja noch auf der sicheren Seite gefühlt; in der Slowakei, dem kleineren der beiden Gastgeber-Länder, in dem zumindest versucht wurde, ein verantwortungsvolles Corona-Management an den Tag zu legen.