Die vergessene Front, die den Krieg mitentscheiden könnte
Die Welt
Putins Soldaten halten den Druck auch an der ukrainischen Südfront hoch. Unser Reporter hat Kämpfer und Bewohner der zerstörten Stadt Orichiw getroffen. Vor Ort zeigt sich, warum die Region so wichtig für Kiew ist – und warum der Krieg jetzt auf Messers Schneide steht.
Dimitrij Litwinenko zeigt über die Felder. „Drei Kilometer“, sagt er, „und du stehst bei den Russen.“ Seit Beginn des Krieges verteidigt der Infanterist der 65. Brigade hier im Südosten der Ukraine seinen Heimatort gegen Putins Truppen. Mit diebischer Freude zeigt er Videos, wie sein Team kleine Drohnen über russische Stellungen fliegt und Sprengsätze abwirft. Derzeit aber sei die Lage angespannt. Immer wieder preschten die Russen vor, zuerst mit Artilleriefeuer, dann in Sturmtruppen von 15 bis 20 Mann. „Sie stressen uns“, sagt Litwinenko.
Was der Soldat beschreibt, passt zum aktuellen Vorgehen der russischen Armee. Während der öffentliche Fokus auf dem Kampf um die ostukrainische Stadt Bachmut liegt, halten Putins Soldaten auch an der Hunderte Kilometer langen Südfront den Druck hoch. „Aus diesem Raum bei Orichiw und westlich von Polohy wäre eine dritte Offensive (der Ukraine; d. Red.) geplant gewesen“, sagt Oberst Markus Reisner, Kommandant der Garde des Österreichischen Bundesheers.