"Die Situation ist unerträglich"
Süddeutsche Zeitung
Lernen ja, aber nicht so: Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland fordern in einem offen Brief kostenlose Masken, Luftfilter und eine Reduktion des Prüfungsstoffs.
Angesichts rasant steigender Infektionszahlen schlagen Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland Alarm. Die Bundesregierung müsse den Unterricht für sie sicherer machen, fordern sie an diesem Mittwoch in einem Protestbrief. "Die Situation an unseren Schulen ist nach zwei Jahren unerträglich geworden", heißt es in dem zweiseitigen Schreiben, das an Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Karin Prien (CDU) adressiert ist. Fast 100 Schulsprecher und mehrere Landesschülervertreter haben den Brief unterzeichnet, in einer Petition werden weitere Unterschriften gesammelt.
In Frankreich und Österreich gehen Schülerinnen und Schüler schon seit einiger Zeit auf die Straße, weil sie sich in der Pandemie von der Politik im Stich gelassen fühlen: In Paris versuchten Gymnasiasten in der vergangenen Woche, Schulgebäude zu blockieren und lieferten sich Rangeleien mit der Polizei. In Wien streikten Abiturienten für gerechtere Prüfungsbedingungen.
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Ärger und Sorgen sind auch bei Schülern in Deutschland groß, Protest war bisher aber kaum zu vernehmen. Die drängendste Frage - Präsenzunterricht, ja oder nein? - wird in der Öffentlichkeit vor allem von Eltern und Lehrkräften diskutiert. An diesem Mittwoch nun machten die Schüler selbst klar: Sie wollen in die Schule gehen, aber nicht unter diesen Bedingungen: "Wir haben unsere Belastungsgrenze erreicht."
Sie fordern bessere Schutzmaßnahmen an Schulen, kostenlose FFP2-Masken etwa und Luftfilter in allen Räumen - letztere wurden längst in einer Leitlinie des Robert Koch-Instituts empfohlen, aber nicht überall umgesetzt. Außerdem wollen sie, dass die Präsenzpflicht bundesweit ausgesetzt wird, Schnelltests durch PCR-Pooltests ersetzt und der Prüfungsstoff in den Abschlussjahrgängen reduziert wird. Die Diskussion über die psychische und körperliche Gesundheit solle "ehrlich und öffentlich" geführt werden. Und zwar mit den Schülern, nicht wie bisher über ihre Köpfe hinweg.