Die Preise steigen weiter
Süddeutsche Zeitung
Die Inflationsrate liegt im Januar bei 4,9 Prozent und damit etwas niedriger als zuletzt. Dennoch benötigen die Deutschen deutlich mehr Geld, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.
Die Dynamik des Preisanstiegs in Deutschland hat sich im Januar etwas abgeschwächt. Die Inflationsrate betrug 4,9 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Montag in seiner ersten Schätzung mitteilte. Im Dezember betrug die Teuerungsrate noch 5,3 Prozent - es war das höchste Niveau seit fast 30 Jahren.
Insgesamt bleibt es aber dabei, dass die Bürger deutlich mehr Geld benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Vor allem die Preise für Energie (plus 20,5 Prozent) und Lebensmittel (plus fünf Prozent) haben erneut deutlich angezogen. Darunter leiden hauptsächlich die einkommensschwachen Haushalte. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) möchte nun wegen der stark gestiegenen Stromkosten die sogenannte EEG-Umlage schneller abschaffen als ursprünglich geplant. Die Menschen spürten die Inflation, die auf die teure Energie zurückgehe, so Lindner. Die EEG-Umlage ist der Strompreis-Aufschlag für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Die Bundesregierung plant zudem, den Anstieg der Energiekosten für die Bürger mit einem Klimageld zu kompensieren. Die Mittel sollen aus den staatlichen Milliardeneinahmen der CO2-Bepreisung genommen werden. Ökonomen der spanischen Zentralbank haben allerdings festgestellt, dass ein Klimageld, das direkt an die Menschen ausgeschüttet wird, die Inflation zumindest in einer Übergangsphase noch stärker antreiben werde.
Die Debatte über die Preiseffekte der staatlichen Maßnahmen zum Erreichen der Klimaziele ist in vollem Gange. Die politisch gewollte Verteuerung des CO2-Ausstoßes wirkt potentiell auf alle Sektoren der Wirtschaft. Der Umbau könne daher zu höherer Inflation führen, warnt EZB-Direktorin Isabel Schnabel. Es ist ein Dilemma: Wenn steigende CO2-Preise und Milliardeninvestitionen in grüne Technik die Inflation zu sehr anziehen lassen, müsste die Zentralbank einschreiten und den Leitzins erhöhen. Das wiederum könnte weitere Investitionen in die Klimawende ausbremsen und damit den Umbau hin zur CO2-Neutralität verzögern.
Derweil hält die EZB an ihrer Nullzinspolitik fest. Dabei rechnen die Währungshüter für die Eurozone in diesem Jahr mit einer Inflationsrate von 3,2 Prozent, doch Notenbankchefin Christine Lagarde geht davon aus, dass die Preisdynamik in diesem Jahr abnehmen werde. Die EZB hat im Dezember zwar beschlossen, das 1,85 Billionen Euro schwere Pandemie-Notprogramm wie geplant Ende März auslaufen zu lassen. Dennoch gehen die Anleihekäufe der Notenbank in doppelter Hinsicht weiter: Wenn fällige Staatsanleihen aus dem Pandemie-Notprogramm getilgt werden, steckt die EZB den Rückzahlungsbetrag erneut in den Bond-Markt. Darüber hinaus verdoppelt die Notenbank das immer noch existierende Anleihekaufprogramm aus der Draghi-Ära auf zeitweise 40 Milliarden Euro pro Monat.