
Die Pandemie hat die EU 2022 fest im Griff
DW
Die EU konnte 2021 die Corona-Pandemie nicht besiegen. Doch was kommt 2022? Pandemie, Wirtschaft, Konflikte in der Nachbarschaft und Migration bleiben die wichtigsten Themen. Eine Analyse von Bernd Riegert aus Brüssel.
Der Rückblick auf das Jahr 2021 und die Vorschau auf das Jahr 2022 lassen sich für die Europäische Union in einem Wort zusammenfassen: Pandemie. Die Bekämpfung der Corona-Pandemie war das beherrschende Thema und wird das beherrschende Thema bleiben. Der neue deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der künftig im Kreis der 27 EU-Gesundheitsminister eine gewichtige Stimme haben wird, hat das bereits klar gemacht. "Die Pandemie wird länger dauern als wir das bisher geglaubt haben", sagte Lauterbach. Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, ausgebildete Ärztin genauso wie Karl Lauterbach, sagte, die vierte Welle der Corona-Pandemie, die Europa in diesen Tagen fest im Griff hat, sei schon schlimm genug. Doch im Jahr 2022 könnte die nächste Prüfung warten.
"Wir sehen uns einer neuen Bedrohung gegenüber - und zwar der Omikron-Variante", sagte von der Leyen in Brüssel. Gegen diese müsse die EU mit verstärkten Impfungen vorgehen. "Die Wissenschaftler sagen uns schon jetzt, dass Impfung und Auffrischung den stärksten Schutz gegen COVID bieten." Falls nötig, könnten die Impfstoffe an die Mutationen angepasst werden. Die EU habe entsprechende Verträge mit den Herstellerfirmen abgeschlossen.
Im ablaufenden Jahr hatte die EU-Kommission im Auftrag aller 27 Mitgliedstaaten rund eine Milliarde Impfdosen für EU-Bürgerinnen und Bürger beschafft. Weitere 350 Millionen wurden an die internationale Impfkampagne Covax der Vereinten Nationen abgegeben. Im neuen Jahr wird die EU mit der Beschaffung der Impfstoffe weitermachen. Die EU-Kommissionspräsidentin verspricht mehr Produktionsanlagen - besonders in Afrika - zu fördern und mehr Impfdosen dorthin zu bringen. "Wir werden unsere Bemühungen verstärken, Afrika zu unterstützen, wo die Impfraten weltweit am niedrigsten sind", versprach Ursula von der Leyen kurz vor dem Jahreswechsel. Das Ziel für 2022 laute, "bis zur Jahresmitte sicherzustellen, dass 70 Prozent der Bevölkerung auf der Welt vollständig geimpft sein werden".
Unter heftiger Kritik der Regierungen in den Mitgliedsstaaten der EU hatte die Zentrale in Brüssel 2021 den Impfstoff anfangs schleppend und dann immer reibungsloser beschafft. Nach der Ansteckungswelle im Frühjahr folgte ein relativ entspannter Sommer. In der ganzen EU gab es wieder Strandurlaub, Nachtleben, geöffnete Schulen und eine halbwegs entspannte Sorglosigkeit. Allerdings war die durchschnittlich in der EU erreichte Impfquote von 66 Prozent der Erwachsenen nicht ausreichend, um eine neue Infektionswelle - und eine teilweise Überlastung der Krankenhäuser in einigen Mitgliedsstaaten im Herbst - zu verhindern.
Die Impfquoten in den Mitgliedsstaaten sind sehr unterschiedlich und reichen von unter 30 Prozent in Bulgarien bis zu über 80 Prozent in Malta. Für die Impfkampagnen und die Schutzmaßnahmen wie Test- oder Impfpflicht am Arbeitsplatz, in Geschäften, Restaurants oder Schulen sind aber die Mitgliedsstaaten alleine zuständig. Die EU konnte von Brüssel aus nur das heillose Wirrwarr der verschiedenen Maßnahmen und Regeln beobachten. Immerhin gelang es, die internen Grenzen der EU mit Hilfe des einheitlichen "Corona-Passes der EU" weitgehend offen zu halten.
