Die Freiheit der Kunst ist ihre Unwissenschaftlichkeit
Die Welt
Peter Weibel ist gestorben, doch die drängenden Fragen des ZKM-Direktors bleiben und treiben um: „Renaissance 3.0“ ist der vielsagende Titel der neusten Ausstellung in Karlsruhe – und sie wirkt wie ein Manifest des verstorbenen Künstlerkurators.
Nicht alles hört sich gleich gut an. „Basislager für neue Allianzen von Kunst und Wissenschaft“, das hat einen mächtigen Hall. Aber wenn im Basislager an den Spinnennetz-Fäden gezupft wird, die Tomás Saraceno gespannt hat, dann klingt es etwas nervig wie beim Klavierstimmen. Und man ist als „arachnoider“, also spinnenähnlicher Mensch ganz allein mit sich und den Wandtexten und liest sich durch die Ausstellung des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medientechnologie und hat nichts zum Zupfen, wenn man vor dem winzigen Neurochip steht, von dem es heißt, er sei nach den Hirnzellen des Blutegels gebaut.
„Renaissance 3.0“ – der Begriff stammt noch vom jüngst verstorbenen ZKM-Direktor Peter Weibel, der in all den Jahren, in denen wir ihm begegnet waren, allemal eine neue Epoche hat heraufziehen sehen und zuletzt bedeutsame Anzeichen für einen neuen Parallelverlauf wissenschaftlicher und künstlerischer Fragestellungen. Wie schon im frühen Mittelalter in der arabischen Welt und im 16. Jahrhundert an den humanistischen Fürstenhöfen Italiens würden auch heute wieder Künstlerinnen und Künstler mit denselben Tools arbeiten, mit denen auch die Wissenschaft ihre rasanten Fortschritte erzwingt.