
Die freche Verzweiflung des Timo Werner
n-tv
Es gibt ja Menschen, die nörgeln sehr gerne. Besonders viele von denen krochen in den vergangenen Jahren aus ihren Wuthöhlen, wenn es um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ging. Während es im September, beim ersten Lehrgang unter Hansi Flick eher ruhig zuging, schleichen nun bereits die ersten Kritiker wieder hervor. Ihr Vorwurf: Das Spiel gegen Rumänien in der WM-Qualifikation war nicht so richtig gut. Das kann man so sehen. Muss man aber nicht. Denn (a) war Rumänien der erste stärkere Gegner der neuen Ära unter Hansi Flick und (b) zeigte das DFB-Team Dinge, die man lange vermisst hatte. Deutschland wehrte sich nach dem frühen Rückstand durch Ianis Hagi (9.) mit höchster Intensität und maximaler Leidenschaft. Und auch mit einem hohen Risiko. Die Mannschaft baute einen so großen Druck auf, dass der rumänische Schutzwall irgendwann brach. Serge Gnabry (52.) und der eingewechselte Thomas Müller (81.) wendeten die erste Niederlage des neuen Bundestrainers ab. Dessen Bilanz liest sich weiter hervorragend: vier Spiele, 14:1 Tore - und fast schon für Katar qualifiziert. Ob man sich darüber freuen sollte, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Wir entscheiden uns für die Einzelkritik.
Marc-André ter Stegen: Beim FC Barcelona läuft es für den Torwart in diesen Wochen überhaupt nicht. Wobei man das präzisieren muss. Ohne den Torwart würde es beim FC Barcelona noch viel schlechter laufen. Das Team ist in einer fürchterlichen Verfassung. Und entsprechend in einer fürchterlichen Krise. Schöne Sache für ter Stegen also nun mal wieder in einer Mannschaft zu spielen, die zuletzt furios unterwegs war und auch noch erfolgreich. Die vermutlich beste Nummer zwei der Welt durfte spielen, weil bei Manuel Neuer die Adduktoren zuckten. Das Blöde für ihn ist: Für Deutschland erwischt er selten Spiele, in denen er sich auszeichnen kann. Das war auch nun wieder so. Beim frühen 0:1 war er machtlos. Die Fehler waren seinen Vorderleuten passiert. Was ter Stegen immer wieder gut macht: Er wählt ein schnelles und mutiges Aufbauspiel. Spielt manchmal lange, flache Pässe. Das ist eher ungewöhnlich. Bringt aber gute Umschaltmomente mit sich.
Jonas Hofmann: Die Lage für den Offensivspieler von Borussia Mönchengladbach ist ein wenig skurril. Mit dem, was er am besten kann, kann er für Deutschland nicht punkten. Denn in den vorderen Reihen ist die Konkurrenz viel zu groß, ein wenig zu übermächtig. Aber der 29-Jährige kann dennoch wichtig werden. Weil er, Obacht, ein polyvalenter Typ ist. Bedeutet: Er kann auf vielen Positionen spielen und sich schnell anpassen. Das tut er derzeit auf der Position hinten rechts. Das ist eine von zwei großen deutschen Baustellen. Die andere ist der zentrale Stürmer (dazu später mehr). Hofmann macht seine Sache gut. Allerdings ist es auch so: Gegen die bisher eher schwachen bis mäßig starken Gegner wird er als Abwehrspieler kaum gefordert. Gegen die Rumänen war er offensiv mutig, hatte viele gute Läufe, aber nicht ganz so viele gute Flanken. In der Defensive sah er zweimal bei Kontern der Rumänen nicht gut aus, wurde überlaufen. Ob er wirklich die Lösung sein kann? Ab 85. Minute Lukas Klostermann: Er kam und sollte helfen, das Ergebnis dingfest zu machen. Das gelang, allerdings ohne nennenswerte Aktionen. Er hat nun das 14. Mal für Deutschland gespielt.
