Die dunkle Seite des Mondes
Süddeutsche Zeitung
Roland Emmerich zeigt in "Moonfall" das, was er am besten kann: möglichst viel kaputt machen. Katastrophenkino vom Feinsten.
Der Mond stürzt auf die Erde. Er ist aus der Bahn geraten und nähert sich in elliptischen Bahnen dem Mutterplaneten. Der Aufprall wird alles Leben vernichten. Vorher aber richten seine Anziehungskräfte schon einigen Schaden an, weil sie mit jeder Runde stärker werden. Die perfekte Vorlage für Roland Emmerich, als Großmeister des Blockbusterkinos Großstädte, Weltmeere und ganze Gebirgszüge zu zerschmettern.
New York? In Scherben. Die Rocky Mountains? Nur noch Geröll. Der Pazifik vor Südkalifornien? Eine Schlammbrühe, die sich bis in die Wolken hinauf zum Tsunami aufbäumt.
Dazu gibt es Familiendramen, KI-Visionen, Sci-Fi-Mythen, Verschwörungserzählungen, Actionhelden, Top-Gun-Flüge mit dem Space Shuttle und gefühlt fünf Jahrgänge Wissenschaftsberichterstattung. Weil die Menschen im Kino die ja auch verfolgen und so ein Weltuntergang nur wirken kann, wenn er sich zumindest halbwegs an die Erkenntnisse der Forschung hält. Auch wenn die Logik früh das erste Opfer ist in der erst einmal etwas hirnverbrannten Prämisse vom abtrünnigen Himmelskörper. Aber wenn sich die Menschheit dann im dritten Akt in einem Showdown ... Aber das soll nicht verraten werden, weil Emmerich Wendepunkte wie Zündstufen einsetzt, die sein Drehbuch Richtung Finale beschleunigen. Alles drin, wie bei einem Triple-Deluxe-Burger. Mit einer Extraportion Schmalz dazu, weil Emmerich immer wichtig war, seine Spezialeffektorgien mit Figuren zu bevölkern, die einen irgendwie anrühren. Und wie sollen sich die Stars denn gegen das Sperrfeuer der Effekte durchsetzen, wenn nicht mit viel Melodram?
Die Hauptfiguren sind Jocinda Fowler und Brian Harper, die sich noch aus der Zeit kennen, als sie zur Besatzung eines Space Shuttles gehörten. Ihr letzter gemeinsamer Flug ging gewaltig schief, und weil Harper die Raumfähre ohne Instrumente trotzdem sicher landete, wäre er eigentlich ein Held geworden. Hätte Fowler damals nicht vor dem Untersuchungsausschuss gegen ihn ausgesagt. Harper hat daraufhin das Dreierlos der Schicksalsschläge gezogen: Scheidung, Schulden, Suchtkrankheit. Fowler ist dagegen in der Hierarchie der Weltraumbehörde Nasa bis ins oberste Management aufgestiegen. Beste Voraussetzungen, einander zu hassen, was dem Drama des Weltuntergangs ein Beziehungsdrama hinzufügt, das die Handlungsstränge ganz gut auf der emotionalen Schiene hält.
Wenn man mal davon absieht, dass die beiden mit Halle Berry und Patrick Wilson besetzt wurden und deswegen viel zu gut aussehen für ihre Jobs, taugen die Figuren recht gut, um den Film zusammenzuhalten. Netter Nebenaspekt ist dabei, dass die beiden Stars ein Hollywood'sches Naturgesetz auf den Kopf stellen. Berry ist nämlich ein Stück älter als Wilson und ihre Figur um einiges vernünftiger und zupackender als seine.