Die CSU sucht ihr Oppositions-Gen
Süddeutsche Zeitung
Mit scharfen Angriffen auf die Ampel-Koalition machen die Christsozialen klar, wie sie sich ihre neue Rolle in Berlin vorstellen. Doch Parteichef Söder sieht auch hausgemachte Probleme.
Das mit der Opposition, erklärten Unionspolitiker kurz nach der verlorenen Bundestagswahl fast entschuldigend, das müsse man nach 16 Regierungsjahren erst mal lernen. Es klang wie die Forderung nach einer Schonfrist für die Opposition, das gab es bislang nur für Regierungen. Behutsam tasteten sich die Konservativen also in die neue Rolle vor. Man dürfe Vorschläge nicht deswegen ablehnen, "nur weil sie von der Regierung kommen", sagte zum Beispiel Thorsten Frei (CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag. "Konstruktive Oppositionsarbeit" - so lautete das Zauberwort der Wahlverlierer.
Doch die CDU-Parlamentarier machten ihre Pläne offenbar ohne die Fraktionskollegen von der CSU, die schon immer ein stark ausgeprägtes Oppositionsgen hatten - selbst dann, wenn sie im Bund mitregierten. Der erbitterte Widerstand der CSU gegen Angela Merkels Migrationspolitik zum etwa ließ die Union, und damit die Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD, 2018 fast zerbrechen. Bayern first, Berlin second, so hielt es die CSU schon immer.
Die CDU gibt sich ganz ihrem neuen Vorsitzenden und baldigen Fraktionschef hin. Das verschafft ihm viel Macht. Doch ab jetzt heißt es für den 66-Jährigen: Wehe, er kann nicht liefern, was sich die Partei von ihm erhofft. Kommentar von Boris Herrmann
Seit der Wahlniederlage im September kann sich die in München regierende Partei in Berlin nun ganz ihrer Oppositionsrolle in Berlin hingeben. Was sie darunter versteht, zeigte sich zum Start ihrer zweitägigen Neujahrsklausur, die zum zweiten Mal in Folge nicht vor einer Bayern-Kulisse mit Schnee, Kloster und Alpen stattfand, sondern in einer Berliner Eventlocation namens Amplifier, also Verstärker - ein Titel, den auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt für sich beanspruchen könnte.
"Links-Gelb hat einen klassischen Fehlstart hingelegt", sagte der Gastgeber zum Auftakt und warf der Regierung von Olaf Scholz (SPD) Chaos im Umgang mit aktuellen Herausforderungen vor. Bei den Krisen um "Preise, Putin, Pandemie", so Dobrindt, "schweigt der Bundeskanzler". Das Hin und Her bei der KfW-Förderung im Hausbau und die hohen Energiepreise hätten in der Bevölkerung Verunsicherung und Enttäuschung ausgelöst. Statt die Menschen finanziell zu entlasten, wie es die FDP im Wahlkampf versprochen hatte, häufe die Regierung mit ihrem Nachtragshaushalt neue Milliardenschulden an und stoppe wichtige Förderungen. "Die Ampel ist die Teuerkoalition", giftete Dobrindt.