Die Arroganz der sehr späten Geburt
Die Welt
Der Schriftsteller Per Leo möchte das Holocaustgedenken renovieren. Aber über eine Polemik gegen deutsche „Israelliebe“ kommt er nicht hinaus. Vor allem hat er zu den entscheidenden Fragen nur Allgemeinplätze mitzuteilen. Eine persönliche Entgegnung.
Die deutsche Erinnerungskultur stellt in vielen ihrer Ausprägungen eine wahre Zumutung dar. Gedanklich, ästhetisch, stilistisch. Es beginnt mit dem Namen: Wenn schon „Kultur“, dann müsste es eine Gedenkkultur sein. Denn an den Nationalsozialismus, seine Verbrechen und insbesondere an den Holocaust kann sich niemand „erinnern“. Und es geht weiter mit der leiernden Ritualisierung des Gedenkens, mit den vielen schlechten und austauschbaren Ansprachen voll falschem Pathos. Mit der „Betroffenheit“, die sich bei Feierstunden allzu habituell einstellt. Mit dem schwarzen Gedenkkitsch, in dem die Gedenkenden sich oft selbst zu feiern scheinen. Die gut gemeinten Reden des Bundespräsidenten offenbaren regelmäßig, wie bitter eine Sprache fehlt, um jenseits von gestanzten Formeln präzise, würdig und mit neuem Ton über das zu reden, was Hitler und die ihm folgenden Deutschen angerichtet haben. Ohne Zweifel: Wir brauchen eine andere, frischere Art und Methode des Gedenkens. Dafür bietet das neue Buch von Per Leo reichlich Anschauungsmaterial.More Related News