Die überschätzteste Serie der Welt
Die Welt
Der Netflix-Hit „Squid Game“ wird als kapitalismuskritisches Spektakel gefeiert. Wer das glaubt, hat jedoch eine Sache übersehen. Warum der Hype vielsagend ist – und warum er nervt.
Es überrascht keineswegs, dass „Squid Game“ gerade bei jüngeren Zuschauern, deren Realität von einer sich intensivierenden Gamifizierung geprägt ist, einen Nerv trifft. Soziale Medien wie TikTok verabschieden nicht nur den Originalitäts-, sondern auch den Authentizitätsanspruch: Die Trennung zwischen Spontanaufnahme und nachgestellter Szene erübrigt sich. Voyeurismusgesteuerte Reality-TV-Formate wie „Love Island“, „Princess Charming“ und besonders das japanische „Takeshi’s Castle“ folgen demselben ludischen Impetus wie die Eventisierung der Freizeit durch boomende Escape-Rooms.
Vorstellungsgespräche, etwa in Unternehmensberatungen oder Start-ups, werden immer öfter als „lustige Spielsituation“ getarnt, in der es unterhaltsame Aufgaben zu bewältigen gilt. Wen der Erfolg der Serie ratlos zurücklässt, sollte sich fragen, warum ein Großteil der Erstwähler – die Altersgruppe, bei der auch „Squid Game“ boomt – die FDP gewählt hat.