
DFB-Präsidentenwahl bei ramponiertem Image
DW
Am Freitag kürt der Bundestag des Deutschen Fußball-Bunds den neuen Chef des größten Einzelsportverbands der Welt. Der Reformbedarf ist riesig. Die Stimmung ist mies.
Der DFB hat ein "wirklich niederschmetterndes Image". So beurteilt Harald Lange die Lage vor der DFB-Präsidentenwahl an diesem Freitag gegenüber der DW. Der Sportwissenschaftler war Teil der Erstellung und Erhebung einer Studie der Universität Würzburg und der Hochschule Ansbach, bei der eine Online-Umfrage mit fast 12.000 Teilnehmern zum Zustand des Deutschen Fußball-Bunds ausgewertet wurde. Die Umfrage wurde vor der jüngsten Razzia beim DFB durchgeführt.
Rund 91 Prozent der Befragten bezeichneten das Image des weltweit größten Einzelsportverbands der Welt als "schlecht" oder "sehr schlecht". 93 Prozent stimmten der These zu, dass es den DFB-Funktionären nur um Macht und Geld gehe. Und 78 Prozent glauben nicht daran, dass nach der Wahl des neuen Präsidenten alles besser wird.
Die Neuwahl war nötig geworden, weil DFB-Präsident Fritz Keller im Mai 2021 zurückgetreten war. Keller war wegen seiner Nazi-Äußerung gegen Stellvertreter Rainer Koch massiv in die Kritik geraten. Keller hatte Koch während einer DFB-Präsidiumssitzung als "Freisler" bezeichnet. Roland Freisler war Vorsitzender des berüchtigten Volksgerichtshofes im Nationalsozialismus, der für Tausende von Unrechtsurteilen verantwortlich war. Monatelange Querelen in der DFB-Führungsspitze waren Kellers Entgleisung vorausgegangen. Bis zur Neuwahl sprang Koch als Interimspräsident ein. Der umstrittene Funktionär kandidierte jedoch nicht für den Posten an der Spitze der mehr als 7,1 Millionen DFB-Mitglieder.
262 Delegierte entscheiden nun beim DFB-Bundestag in Bonn darüber, wer den Verband bis 2025 anführen wird: Bernd Neuendorf oder Peter Peters. Der 60 Jahre alte Neuendorf ist Präsident des DFB-Verbands Mittelrhein, der das Gebiet zwischen den Städten Köln, Bonn und Aachen umfasst. Der 59 Jahre alte Peters war sechs Jahre lang als Vorstandsmitglied des Traditionsvereins FC Schalke 04 für dessen Finanzen zuständig. Seit 1993 war er Geschäftsführer des Ruhrgebietsklubs. Seit 2019 ist er Vizepräsident des DFB.
Im DFB-Bundestag haben die 21 Landesverbände die Mehrheit. Sie haben sich im Vorfeld bereits auf Neuendorf festgelegt, Peters hat deshalb nur Außenseiterchancen. "Mit Blick auf die Basis kann man sagen, dass beide Kandidaten durchgefallen sind", sagt Sportwissenschaftler Lange. In der Umfrage trauten Neuendorf gerade einmal elf Prozent den höchsten Posten im deutschen Fußball zu, bei Peters waren es mit gut 13 Prozent auch nicht viel mehr.
