Deutschland gegen Spanien: Eine Frage des Charakters
DW
Die DFB-Elf steht vor dem WM-Spiel gegen Spanien mit dem Rücken zur Wand. Doch Spieler und Bundestrainer Hansi Flick sind bemüht die positiven Dinge in den Vordergrund zu rücken und gehen zuversichtlich in das Duell.
Nach einer guten Stunde Fahrt auf einer der wenigen Straßen im Norden Katars taucht am Horizont leicht verschwommen ein rotes Gebäude auf. Wenige Kilometer weiter wird das Bild deutlicher: vier hohe Türme, eine dicke Mauer und diverse Absperrgitter, die das Areal zusätzlich von der Außenwelt abschirmen. Hier, im Norden des WM-Gastgerberlandes Katar, befindet sich das einer Festung gleichende Trainingszentrum der deutschen Nationalmannschaft. Seit gut einer Woche trainiert das Team von Bundestrainer Hansi Flick auf dem Gelände des katarischen Erstligisten Al-Shamal SC.
Man fühle sich wohl und sei froh, sich in der Abgeschiedenheit des WM-Trubels auf Spiele vorbereiten zu können, hatte der damals noch gut gelaunte DFB-Direktor Oliver Bierhoff zum Turnierstart zu Protokoll gegeben. Doch die Stimmung ist umgeschlagen. Nach der enttäuschenden 1:2-Auftaktniederlage gegen Japan steht das DFB-Team vor dem zweiten WM-Spiel gegen Spanien bereits mit dem Rücken zur Wand.
"Ich war die letzten Tage nicht sonderlich gut gelaunt, hatte eine große Wut in mir", erklärte Kai Havertz auf der Pressekonferenz am Freitag und ließ die rund 50 anwesenden Journalistinnen und Journalisten auch wissen: "Wenn man das langsam verdaut, dann kommt die Vorfreude auf Sonntag."
In der zweiten Partie trifft die DFB-Elf auf Spanien, den schwersten Gegner in der Gruppe E. "Das Ziel ist, die Mannschaft so hinzukriegen, dass sie den Glauben hat, dass sie das Ding in die richtige Richtung schieben kann", sagte der Bundestrainer vor dem Spiel. Die Analyse der Niederlage gegen Japan sei konstruktiv und offen verlaufen berichtete Julian Brandt, der gegen Japan nicht zum Einsatz gekommen war, auf der Pressekonferenz. "Wir haben überwiegend über die Themen gesprochen, die wir nicht gut gemacht haben. Es hat ja jeder gesehen, dass wir unsere Chancen nicht genutzt haben", sagte der Offensivspieler von Borussia Dortmund.
Neben der mangelnden Chancenverwertung stand besonders die Defensive im Zentrum der Kritik. Ilkay Gündogan hatte nach dem Spiel scharf die Entstehung des zweiten Gegentores kritisiert und damit auch seine Mitspieler direkt angegriffen. "Die Art und Weise, wie wir die Tore hergeschenkt haben, war viel zu einfach", so der Mittelfeldspieler von Manchester City. "Ich weiß nicht, ob jemals bei einer WM ein einfacheres Tor erzielt wurde, das darf nicht passieren." Zudem habe der DFB-Elf "die letzte Überzeugung" und "das Selbstvertrauen" gefehlt.