Der rasante Aufstieg der Eva Kaili
DW
Die unter Korruptionsverdacht stehende Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Eva Kaili, gilt als eins der größten politischen Talente ihrer Generation in Griechenland. Ein Rückblick.
In Griechenland gelten die Kommunalwahlen als ideales Sprungbrett für höhere Ämter. Vor allem in den 2000er Jahren halten die Wähler Ausschau nach frischen Gesichtern. In Athen sorgt ein gewisser Alexis Tsipras für Schlagzeilen, als er 2006 für das Bürgermeisteramt kandidiert und auf Anhieb über 10 Prozent der Stimmen für die Linkspartei holt. 2015 wird er Ministerpräsident und regiert das Land vier Jahre lang.
In Thessaloniki, der zweitgrößten Stadt Griechenlands, macht in dieser Zeit eine junge Frau von sich reden: Eva Kaili, Architektur-Studentin und ab 2002 Stadträtin für die sozialdemokratische Fraktion des späteren Sicherheitsministers Spiros Vougias, der an der Universität lehrt und dort auf Kaili aufmerksam wird. Die Jungsozialistin ist die jüngste Stadträtin in der Geschichte Thessalonikis - und "zudem auch noch die schönste Stadträtin", so die griechische Zeitung Proto Thema.
Darf eine Politikerin gut aussehen? Wird Eva Kaili auf ihr Äußeres reduziert? Diese Fragen werden die junge Griechin nie wieder loslassen. In einem späteren Interview mit der Athener Wochenzeitung Parapolitika erklärt sie: "Es war schwierig, mit dieser Mentalität umzugehen. Aber ich habe dadurch auch gelernt, höhere Ansprüche an mich selbst zu stellen. Vielleicht würde ich mir nicht so viel Mühe geben, wenn ich nichts zu beweisen hätte."
Ihr erster Mentor, Spiros Vougias, gilt als Schöngeist und Bonvivant, dem die Niederungen der Politik eher fremd sind. Aber er hat einen guten Draht zum neuen Chef der sozialistischen PASOK-Partei Giorgos Papandreou. Davon profitiert die frisch gekürte Stadträtin. Bei der Parlamentswahl 2004 gewinnt Eva Kaili einen Sitz für die Sozialisten - als eine der jüngsten Abgeordneten in der Geschichte Griechenlands. Es ist eine Riesenüberraschung. Doch sie muss auf das Mandat verzichten.
Denn laut Wahlgesetz darf Parteichef Papandreou in mehreren Wahlkreisen kandidieren und sich erst nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse auf einen Wahlkreis festlegen. Wider Erwarten entscheidet sich Papandreou für den Wahlkreis Thessaloniki. Und Kaili geht leer aus.